Zwei Menschen lästern und befeuern so die Gerüchteküche

Gerüchteküche: In welchem Maß Klatsch und Tratsch angemessen ist

Gerüchteküche, Klatsch und Tratsch, Flurfunk: Über andere Menschen zu reden, kann viele Namen haben. Und besonders im beruflichen Umfeld ist dabei Fingerspitzengefühl gefragt. Denn die Grenze zu Mobbing oder übler Nachrede ist schnell überschritten. Auf der anderen Seite sollte man sich überraschenderweise aber auch nicht komplett von Klatsch und Tratsch fernhalten.

Gerüchteküche: Warum sie auch wichtig ist

Der Arbeitsalltag kann Grau sein. Manche Arbeitnehmer gestalten ihn ein wenig spannender, indem sie mit anderen über Kollegen sprechen. Das ist nicht nur unterhaltsam, es fördert auch den Zusammenhalt im Team und kann daher sogar zu einem besseren Betriebsklima beitragen – sofern man es richtig angeht und nicht übertreibt.

Klatsch und Tratsch sind nämlich auf gewisse Weise gemeinschaftsstiftend. Kollegen, die sich über andere austauschen, schaffen im Gespräch eine gemeinsame Basis und können auf dieser Grundlage soziale Beziehungen aufbauen. Anders ausgedrückt: Die Gerüchteküche kann für diejenigen, die nicht Objekt des Gesprächsstoffs sind, Freundschaften entstehen lassen. Das konnten auch die Wissenschaftler Luke J. Chang und Estin Holly in einer breit angelegten Studie, die an dem Dartmouth College durchgeführt wurde, zeigen.

Daneben kann es auch einfach guttun, wenn man seinen Frust über den Chef oder den Vorgesetzten bei einem Kollegen loswerden kann. Mitarbeiter desselben Unternehmens verstehen diesbezügliche Emotionen naturgemäß besser als Familie oder Freunde, die mit dem Arbeitgeber nichts zu tun haben. Für Außenstehende ist es in der Regel schwerer zu verstehen, worüber man sich aufregt oder welches Verhalten einen geärgert hat. Die Gerüchteküche kann damit auch eine entlastende Wirkung haben. Wer seinen Unmut im Gespräch mit Kollegen bewältigen kann, nimmt ihn nicht mit nach Hause.

Gerüchte haben ihren Ursprung in der Menschheitsgeschichte

Einige Wissenschaftler gehen davon aus, dass Klatsch und Tratsch ihren Ursprung in der stammesgeschichtlichen Entwicklung des Menschen haben. Denn ohne Kommunikation wäre der Mensch wahrscheinlich nicht das geworden, was er heute ist. Die Koordination bei der Jagd war nur möglich, weil man sich nicht nur non-verbal, sondern auch verbal verständigen konnte.

Durch Kommunikation konnte man sich außerdem darüber austauschen, welches Verhalten in der Gruppe akzeptiert wird und welches nicht. Da man sich heute verbal und non-verbal viel differenzierter ausdrücken kann, erfüllen nur noch Teile der Kommunikation diese soziale Funktion.

Stellt sich die Frage, ob man sich am Klatsch und Tratsch beteiligen oder sich lieber von einer brodelnden Gerüchteküche fernhalten sollte. Zum einen können Gerüchte dazu beitragen, den Zusammenhalt in der Gruppe zu stärken. Wenn sich alle Mitarbeiter gleichermaßen über den Vorgesetzten beschweren, möchte man sicherlich nicht außen vor bleiben. Das könnte sich nämlich ungünstig auf die eigene Stellung in der Gruppe auswirken.

Zum anderen ist Vorsicht geboten, da sich aus harmlosen Gerüchten schnell auch Schlimmeres entwickeln kann. Dazu später mehr.

Klatsch und Tratsch: Was sind (noch) Gerüchte, was ist schon Mobbing?

Klatsch und Tratsch oder die auf kleiner Flamme köchelnde Gerüchteküche können also Vorteile mit sich bringen. Doch wie bereits angesprochen, sollte man es mit den Gerüchten nicht übertreiben. Zu einen hat jeder Mitarbeiter unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wo eine blöde Bemerkung aufhört und wo absichtliche Gerüchte oder gar Mobbing anfangen. Manche Personen interessiert es überhaupt nicht, wenn sich die Kollegen über intime Dinge wie das Privatleben Gedanken machen oder gar Gerüchte verbreiten. Sie haben ein dickes Fell und lassen sich davon nicht beeindrucken.

Für andere Beschäftigte ist allerdings schon dann eine Linie übertreten, wenn nur darüber spekuliert wird, ob es in der eigenen Beziehung noch so gut läuft wie vor einiger Zeit. Das sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man eigentlich nur ein wenig tratschen möchte, ohne dass es sofort zu einem handfesten Konflikt im Team kommt.

Davon abgesehen gibt es objektive Kriterien, die die Einordnung von Klatsch und Tratsch gegenüber Mobbing erlauben. Es gibt klare Faktoren, die Mobbing von einer brodelnden Gerüchteküche oder harmlosem Klatsch und Tratsch abgrenzen:

  1. Mobbing ist zielgerichtet: Wird ein Mitarbeiter im Unternehmen gemobbt, möchten die übrigen Kollegen oder gar der Vorgesetzte – in diesem Fall spricht man von Bossing – damit etwas ganz Bestimmtes erreichen. Unter Umständen soll der Kollege durch das Mobbing dazu gebracht werden zu kündigen. Klatsch und Tratsch sind dagegen weniger boshaft und dienen eher der eigenen Unterhaltung.
  2. Mobbing ist anhaltend: Die übrigen Kollegen haben sich auf einen bestimmten Mitarbeiter eingeschossen und heizen die Gerüchteküche immer und immer wieder an. Sie geben nicht nach.
  3. Mobbing ist ein Zeichen von Macht: Personen, die Mobbing betreiben, nutzen ihre Position der Stärke aus. Im Falle des Bossings kann der Vorgesetzte mobben, weil er seinem Mitarbeiter hierarchisch übergeordnet ist. Begehen die Kollegen gemeinsam Mobbing, nutzen sie ihre Macht als Gruppe gegenüber dem gemobbten Kollegen aus.

Üble Nachrede und Verleumdung

Gerüchte können ausarten, sodass die Grenze zur üblen Nachrede oder gar Verleumdung überschritten wird. Und damit macht man sich strafbar.

Denn nicht alles, was man als harmlosen Tratsch aus der Gerüchteküche tarnen möchte, ist noch durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Sobald man sich zu vorsätzlichen Lügen hinreißen lässt, kann es brenzlig werden.

Kommt es zu einer Verhandlung der Angelegenheit vor Gericht, sind sowohl Geldstrafen oder in besonders schweren Fällen auch Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren möglich.

Abgesehen von den strafrechtlichen Konsequenzen können Gerüchte, die die Grenze zu Mobbing überschreiten, auch arbeitsrechtliche Folgen haben. Der Grund liegt in der sogenannten Fürsorgepflicht, die der Arbeitgeber seinen Beschäftigten gegenüber hat.

Der Arbeitgeber muss seine Mitarbeiter vor Beleidigungen und Unwahrheiten schützen. Kollegen, die sich über andere Kollegen abfällig und/oder ehrverletzend äußern, während der Vorgesetzte oder gar der Chef zugegen ist, droht eine Abmahnung oder im schlimmsten Fall sogar die fristlose Kündigung.

Kollegen verbreiten Gerüchte: So sollten Sie sich verhalten

Auch wenn die Grenze des guten Geschmacks oder der Strafbarkeit noch nicht überschritten sind, können Klatsch und Tratsch die Stimmung am Arbeitsplatz vermiesen. Wie sollte man sich am besten verhalten, wenn man selbst die Zielscheibe der Gerüchte geworden ist, die Gerüchteküche aber nicht noch weiter anheizen möchte? Folgende Optionen stehen dir dann unter anderem zur Verfügung:

  1. Das Gerücht ist frei erfunden: Wenn die Kollegen Dinge über dich behaupten, die mit der Realität nichts zu tun haben, kannst du diese Gerüchte entkräften, indem du das Gegenteil beweist. Jedoch ist hier – wie generell bei Gerüchten – Fingerspitzengefühl gefragt. Lege dich nicht zu sehr ins Zeug, um die Wahrheit zu beweisen. Denn wer sich zu sehr anstrengt, macht sich im schlimmsten Fall verdächtig – und könnte damit die Vorlage für neue Gerüchte liefern.
  2. Das Gerücht stimmt teilweise: Diese Situation ist schon ein wenig pikanter. Wenn deine Kollegen zum Beispiel durch Zufall davon erfahren haben, dass du die Zahlen für die anstehende Präsentation aus Zeitnot ein wenig manipuliert hast, solltest du zu deinem Fehler stehen. Unter Umständen wirst du von deinem Arbeitgeber für dieses Vergehen zwar eine Rüge (oder eine Abmahnung) erhalten. Jedoch ist es besser, offen und ehrlich mit solchen Dingen umzugehen, anstatt sie zu vertuschen. Alles andere würde nur dazu führen, dass du dich nach und nach in eine ausweglose Situation bringst und immer öfter mit Gerüchten und Klatsch und Tratsch zu tun haben wirst. Unter Umständen sind deine Kollegen sogar derart verärgert, dass sie irgendwann zum Mobbing übergehen.

Gerüchteküche: Wer heizt sie an?

Nicht nur der Wahrheitsgehalt des Gerüchts, sondern auch die Person, die den Klatsch und Tratsch verbreitet, beeinflusst die eigene Reaktion.

Verbreiten Kollegen Gerüchte, die in der Hierarchieebene unter der betroffenen Person stehen? Dann könnten sie damit zum Beispiel versuchen, sich zu profilieren. Sie möchten mit dem Klatsch und Tratsch versuchen, das Ansehen der Person zu beschädigen und sich über Umwege selbst in einem besseren Licht präsentieren.

Sollte das bei dir vorkommen, lautet die Strategie: ignorieren. Denn warum solltest du dich zu Vorwürfen äußern, die haltlos sind und noch dazu von jemandem kommen, auf den in der Firma ohnehin niemand hört?

Es schadet aber nicht, wenn du die Kollegen, die dir wohl gesonnen sind, darum bittest, für dich Stellung zu beziehen. Wenn der betreffende Kollege wieder einmal versucht, Klatsch und Tratsch über dich zu verbreiten, ist es hilfreich, wenn andere Kollegen sofort abwiegeln und ihm deutlich machen, dass sie sich an den Gerüchten nicht beteiligen werden. Häufig reicht das, um den lästernden Kollegen mundtot zu machen.

Stammen Klatsch und Tratsch jedoch von einem Kollegen, der ein ähnliches Ansehen und eine vergleichbare Stellung im Unternehmen besitzt, solltest du aktiv werden. Am besten suchst du zunächst das Gespräch unter vier Augen und versuchst ihm deutlich zu machen, dass er mit seinen Äußerungen die Gerüchteküche über dich anheizt und wie das auf dich wirkt. Unter Umständen ist ihm das gar nicht bewusst und er ändert sein Verhalten.

Es könnte aber auch sein, dass eine brodelnde Gerüchteküche genau das ist, was er möchte. Dann solltest du ihn in einem professionellen Setting mit seinen Äußerungen konfrontieren. Bitte zum Beispiel bei der nächsten größeren Besprechung darum, zum Abschluss noch ein paar Worte sagen zu dürfen. Dann schilderst du, wie sich besagter Kollege in letzter Zeit verhalten hat und forderst ihn auf, es künftig zu unterlassen, Klatsch und Tratsch über dich zu verbreiten. Wenn das nicht hilft, solltest du den Chef einbeziehen und ihn um Hilfe bitten.

Bildnachweis: wavebreakmedia / Shutterstock.com


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