Ausbildung verlängern: So klappt’s!
Wenn es in der Abschlussprüfung schlecht gelaufen ist oder du längere Zeit krank warst, kannst du vielleicht deine Ausbildung verlängern. Welche Voraussetzungen dafür vorliegen müssen, wie du den Antrag stellst und ob du automatisch eine höhere Ausbildungsvergütung erhältst, kannst du hier nachlesen.
Ausbildung verlängern: Für viele Azubis ist das kein Ausnahmefall
Dass Azubis die Ausbildungszeit verkürzen, kommt vor. Aber auch der umgekehrte Fall ist denkbar, nämlich dass ein Azubi seine Ausbildung verlängern muss. Rein rechtlich ist es möglich, die Ausbildung zu verlängern. Die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen für die Verlängerung finden sich in § 8 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetz (BBiG) und in § 27c Abs. 2 der Handwerksordnung (HWO). Grundvoraussetzung ist immer, dass nur durch die Verlängerung das Ausbildungsziel erreicht werden kann, der Azubi also einen Abschluss in dem betreffenden Ausbildungsberuf erwirbt.
Das bedeutet jedoch nicht, dass es einen Rechtsanspruch darauf gibt, die Ausbildung zu verlängern. Azubis müssen in jedem Fall einen Antrag bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) oder der Handwerkskammer (HWK) stellen. Die zuständige Stelle entscheidet im Anschluss individuell über jeden Antrag. Du solltest dich also nicht darauf verlassen, dass du die Ausbildung verlängern kannst. Häufig müssen bestimmte, triftige Gründe vorliegen, damit die IHK oder die HWK einer Verlängerung der Ausbildung zustimmt.
Wichtig: Du und dein Ausbildungsbetrieb könnt euch nicht eigenmächtig darauf einigen, die Ausbildung zu verlängern. Die jeweilige Kammer muss immer dazu befragt werden und zustimmen.
Gründe für eine Verlängerung der Ausbildungszeit
Liegt bei dir einer der folgenden Gründe vor, hast du eine gute Chance darauf, deine Ausbildung zu verlängern:
1. Ausbildung verlängern wegen Krankheit
Fällst du über einen längeren Zeitraum krankheitsbedingt aus, kannst du deine Ausbildung verlängern. In der Regel wird die zuständige Kammer zustimmen, dass du die Ausbildung verlängern kannst. Denn wenn du krank bist, und zuhause bleiben musst oder gar im Krankenhaus liegst, hast du nicht die Möglichkeit, in deinem Ausbildungsbetrieb oder in der Berufsschule zu erscheinen. Das wiederum führt dazu, dass du wichtigen Unterrichtsstoff verpasst. Und mit einer lückenhaften Vorbereitung dürfte die Abschlussprüfung schwierig werden.
Tipp: Lass dir von dem behandelnden Arzt ein Attest über die Dauer deiner Krankheit ausstellen. Dieses Attest fügst du deinem Antrag auf Ausbildungsverlängerung bei. So erhöhst du wiederum die Chancen, dass du dir für deine Ausbildung ein wenig länger Zeit lassen kannst.
2. Unzureichende Vorbereitung
Eine längere Krankheit kann aber auch auf der Seite des Ausbildungsbetriebs ein Grund dafür sein, die Ausbildung zu verlängern. Stell dir vor, dein Ausbilder fällt für längere Zeit unvorhergesehen aus. Noch dazu gibt es so kurzfristig keinen Ersatz im Ausbildungsbetrieb. Für dich bedeutet das, dass du zwar im Betrieb bist, aber nicht so ausgebildet wirst, wie du solltest. Gut möglich, dass du aus diesem Grund Nachteile in der Abschlussprüfung bekommst. Denn den praktischen Teil wirst du vermutlich nicht so gut absolvieren, wie du vielleicht könntest, wenn du eine vollständige Ausbildung erhalten hättest. Informiere dich daher rechtzeitig darüber, ob auch das ein Grund sein kann, die Ausbildung zu verlängern.
Tipp: Liegt die Schuld für die unzureichende Vorbereitung bei deinem Ausbildungsbetrieb hast du unter Umständen sogar einen Anspruch auf Schadenersatz. Schließlich verlierst du durch die mangelnde Vorbereitung wertvolle Zeit und damit auch Geld. Denn statt die Ausbildung zu verlängern, könntest du schon als ausgelernter Arbeitnehmer Geld verdienen. Die Vergütung als Arbeitnehmer ist in der Regel höher als das Gehalt, das Azubis in ihrer Ausbildung erhalten. Solltest du Fragen bezüglich des Schadenersatzes und deinen Aussichten bei einer Klage haben, musst du dich an einen Rechtsanwalt wenden. Wir können keine Rechtsberatung leisten und möchten an dieser Stelle lediglich darauf hinweisen, dass die Möglichkeit besteht, Schadenersatz in einem derartigen Fall zu verlangen.
3. Ausbildung verlängern wegen Schwangerschaft
Wird eine Auszubildende schwanger, gelten für sie ganz besondere Vorschriften. So wird sie zum Beispiel im Rahmen des Mutterschutzgesetzes vor besonderen Belastungen am Arbeitsplatz geschützt. Im Mutterschutzgesetz sind außerdem Zeiten geregelt, in denen für die werdende oder frisch gebackene Mutter ein Beschäftigungsverbot gilt. In den sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin und den acht Wochen nach der Geburt darf die Auszubildende nicht arbeiten. Diese Zeiten muss sie natürlich nachholen. Womit eine Schwangerschaft während der Ausbildung ein triftiger Grund dafür ist, die Ausbildung zu verlängern.
Schließt die Auszubildende nach den Schutzfristen die Elternzeit an, verlängert sich die Ausbildungszeit abermals. Der Ausbildungsbetrieb ist dazu verpflichtet, den Ausbildungsplatz während der gesamten Elternzeit für die Auszubildende zu reservieren. Natürlich gilt das für alle Mütter oder Väter, die während ihrer Ausbildung in Elternzeit gehen.
4. Ausbildung verlängern wegen nicht bestandener Abschlussprüfung
Du bist in der Abschlussprüfung durchgefallen? Auch das gibt dir die Möglichkeit, die Ausbildung zu verlängern. Vorausgesetzt du möchtest die Abschlussprüfung wiederholen. Ist das so, erhältst du die Chance, deine Ausbildung bis zum nächsten Prüfungstermin fortzusetzen. Solltest du bei diesem Termin noch einmal nicht bestehen, kannst du deine Ausbildung sogar noch ein weiteres Mal verlängern. Gemäß der Prüfungsordnung kannst du die Prüfung maximal zwei Mal wiederholen. Das bedeutet, dass du auf diesem Wege deine Ausbildung höchstens um ein Jahr verlängern kannst.
Tipp: Solltest du die Abschlussprüfung nicht bestanden haben, kannst du dich an die Agentur für Arbeit wenden. Dort gibt es die sogenannten ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH). Das ist eine Art Nachhilfe für Azubis, die Unterstützung dabei brauchen, den Unterrichtsstoff der Ausbildung zu wiederholen und zu verstehen. Sprich auch mit deinem Ausbilder, ob es die Möglichkeit gibt, im Betrieb besondere Förderung zu erhalten. Vielleicht kannst du aber auch einen Aushang am Schwarzen Brett machen und anderer Azubis um Hilfe bitten.
Wie oft kann man die Ausbildung verlängern?
Wie häufig du die Ausbildung verlängern kannst, hängt von deinen individuellen Umständen ab. Verschiedene Gründe schließen sich dabei jedoch nicht aus. Du kannst dein Ausbildung also wegen einer länger andauernden Krankheit verlängern und später noch ein weiteres Mal, wenn du durch die Abschlussprüfung gefallen bist.
Gut zu wissen: Auch wenn du die Ausbildung verlängerst und daher vier statt drei Jahre benötigst bekommst du keine höhere Ausbildungsvergütung. Die Vergütung hängt nämlich vom eigentlichen Lehrjahr ab. Verlängerst du das zweite Lehrjahr aufgrund einer Erkrankung, gehst du also nicht in das dritten Lehrjahr über. Du bist dann immer noch im zweiten Lehrjahr und bekommst das dafür vorgesehene Entgelt.
Keine Gründe für Ausbildungsverlängerung
Wie wir gesehen haben, gibt es also durchaus triftige Gründe, die es notwendig machen können, die Ausbildung zu verlängern. Auf der anderen Seite gibt es aber auch solche, mit denen du keine Aussicht auf eine längere Ausbildungszeit hast. Schlechte Noten in der Berufsschule, die einzig und allein darauf zurückzuführen sind, dass du dich zu wenig angestrengt hast, machen es nicht möglich, die Ausbildung zu verlängern.
Wie stelle ich den Antrag auf Ausbildungsverlängerung?
Den Antrag darauf, die Ausbildung zu verlängern, stellst du bei der zuständigen Kammer. Also entweder der Industrie- und Handelskammer oder der Handwerkskammer. Die Kammer wendet sich im nächsten Schritt an deinen Ausbildungsbetrieb und hört sich an, wie man dort zu einer Ausbildungsverlängerung steht. Unter Umständen kontaktiert die Kammer auch deine Berufsschule und lässt sich weitere Informationen geben. Danach entscheidet sie darüber, ob deine Ausbildung verlängert wird oder nicht.
Solltest du den Antrag auf Ausbildungsverlängerung stellen, weil du in der Abschlussprüfung durchgefallen bist, muss dein Ausbildungsbetrieb nicht zustimmen. Du erhältst also auch dann die Chance, die Abschlussprüfung zu wiederholen, wenn dein Ausbilder dagegen ist.
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