Ein Mann sieht überrascht auf den Laptop, er hat zu viel Gehalt bekommen

Zu viel Gehalt bekommen: Was jetzt?

Zu viel Gehalt bekommen? Für viele Arbeitnehmer klingt das zunächst zu schön, um wahr zu sein. Doch wenn dieser Traum unerwartet und ohne vorherige Vereinbarung in Erfüllung geht, darf man sich als Beschäftigter nicht uneingeschränkt freuen. Denn zu viel gezahltes Gehalt muss man in der Regel wieder an den Chef zurückzahlen. Jedoch gibt es Ausnahmen von dieser Regel.

Zu viel Gehalt bekommen: Was tun?

In Paragraf 812 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist geregelt, dass der Arbeitgeber grundsätzlich einen Herausgabeanspruch gegenüber seinem Arbeitnehmer hat, wenn dieser zu viel Gehalt bekommen hat. Das bedeutet, dass der Beschäftigte im Normalfall das Geld zurückzahlen muss, das sein Arbeitgeber ihm fälschlicherweise zu viel überwiesen hat.

Bemerkt der Beschäftigte, dass sein Chef zu viel Geld überwiesen hat, muss er den Fehler umgehend melden. Tut er das nicht, verstößt er gegen die sogenannten Treuepflichten, die sich aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Kann ihm ein derartiger Verstoß nachgewiesen werden, drohen häufig noch weitere Konsequenzen. Unter Umständen ist sogar eine fristlose Kündigung des Arbeitsvertrags möglich.

Zwar sind Beschäftigte nicht gezwungen, die Lohn- oder Gehaltsabrechnung jeden Monat zu kontrollieren. Jedoch darf man als Arbeitgeber davon ausgehen, dass eine deutliche Überzahlung des Gehalts dem Mitarbeiter auffällt.

Davon abgesehen überprüfen die meisten Beschäftigten regelmäßig ihre Gehaltsabrechnung. Schließlich kann es vorkommen, dass Schichtzuschläge oder Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit nicht korrekt gezahlt wurden. Das möchten Arbeitnehmer kontrollieren. Dass ein Mitarbeiter nur sporadisch seine Gehaltsabrechnung überprüft und ihm nicht auffällt, dass sein Chef zu viel Gehalt überweist, dürfte vor Gericht unglaubwürdig wirken. Genau dort landen diejenigen Fälle, in denen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht darüber einigen können, wie mit dem zu viel gezahlten Gehalt umgegangen werden soll.

Achtung: Dieser Artikel ersetzt keine Rechtsberatung bei einem Fachanwalt. Wir geben hier lediglich allgemeine Zusammenhänge wieder, die einen ersten Überblick über das Thema möglich machen sollen.

Zu viel Gehalt bekommen: Muss ich es zurückzahlen?

Unter Umständen greift die Verjährung, sodass Arbeitnehmer das zu viel gezahlte Gehalt nicht mehr zurückzahlen müssen. Wie bei vielen anderen gesetzlichen Vorschriften können Arbeitnehmer und Arbeitgeber in einem Arbeits- oder Tarifvertrag jedoch davon abweichende Regelungen vereinbaren. Mit diesen sogenannten Ausschlussfristen kann die gesetzliche Verjährungsfrist umgangen werden.

Fehlen derartige Ausschlussfristen, gilt regelmäßig die gesetzliche Verjährungsfrist wie sie in Paragraf 199 des BGB geregelt ist. Sie beträgt drei Jahre und beginnt am Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

Es gibt auch hier Einschränkungen. Wusste der Arbeitgeber, dass er seinem Beschäftigten zu viel Geld überweist, kann er das zu viel gezahlte Gehalt nicht zurückfordern. Dieser Fall dürfte jedoch recht selten sein. In den meisten Betrieben kümmert sich nicht der Chef selbst um die Auszahlung von Lohn und Gehalt, sondern übergibt diese Aufgabe an die Lohnbuchhaltung oder einen externen Anbieter. Wenn das zutrifft, hat der Arbeitgeber in der Regel keine Kenntnis davon, dass sein Beschäftigter zu viel Gehalt überwiesen bekommen hat. Somit hat er einen Anspruch darauf, dass sein Mitarbeiter das zu viel gezahlte Gehalt zurückzahlt.

In diesen Fällen müssen Beschäftige nicht zurückzahlen

Fassen wir zusammen: Wenn der Beschäftigte davon ausgehen kann, dass sein Chef ihm mit Absicht zu viel Gehalt überwiesen hat, darf er das zu viel gezahlte Gehalt sehr wahrscheinlich behalten.

Wenn der Beschäftigte das zu viel gezahlte Gehalt bereits ausgegeben hat, stehen die Chancen ebenfalls ganz gut, dass er nichts zurückzahlen muss. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Arbeitnehmer dachte, dass er das Geld zurecht bekommen hat. Sofern er das Gehalt, das er zu viel bekommen hat, für Dinge wie einen Kino- oder Restaurantbesuch ausgegeben hat, kann es der Arbeitgeber nur schwierig wieder zurückfordern. Das Geld befindet sich nicht mehr in seinem Besitz und es gibt auch keinen physischen Gegenwert. Dennoch dürfen Beschäftigte zu viel gezahltes Gehalt nicht einfach verprassen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Im Zweifelsfall müssen sie schlüssig belegen können, dass sie nicht wussten, dass sie das Geld zu Unrecht erhalten haben.

Von dieser Situation sind diejenigen Fälle zu unterscheiden, in denen Beschäftigte zu viel Gehalt erhalten und es für Dinge ausgeben, die daraufhin zu ihrem Vermögen zählen. Ein Kühlschrank und ein neuer Fernseher können theoretisch wieder verkauft oder beim Händler zurückgegeben werden.

Zu viel Gehalt bekommen und nichts unternommen

Wie bereits angedeutet sind Arbeitnehmer gut beraten, es ihrem Arbeitgeber unverzüglich zu melden, wenn sie zu viel Gehalt bekommen haben. Nicht nur aufgrund der Treue- und Loyalitätspflicht, die sie gegenüber ihrem Chef haben. Denn waren die Zahlungen so hoch, dass sie sie hätten bemerken müssen, sind sie in der Regel zur Rückzahlung verpflichtet. Das gilt sogar dann, wenn sie das Geld bereits ausgegeben und keinen Gegenwert mehr in ihrem eigenen Vermögen haben.

Zu viel Gehalt bekommen ohne zu melden: Haft auf Bewährung

Im März 2017 ging der Fall einer Lehrerin aus Nordrhein-Westfalen durch die Presse. Sie reduzierte ihre Arbeitszeit und arbeitete nur noch 10 statt wie vorher 20 Stunden wöchentlich. Fälschlicherweise überwies die Behörde ihr aber weiterhin ihr früheres Gehalt. Vier Jahre lang. Als die Lehrerin pensioniert wurde, fiel der Irrtum auf. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Frau allerdings bereits 77.000 Euro zu viel erhalten.

Im Gerichtsprozess sagte sie aus, dass sie es nicht bemerkt habe, dass ihr die Behörde jahrelang zu viel Geld überwiesen hatte. Die Berechnungen des Besoldungsamtes seien zu kompliziert. Sie habe sie nicht verstanden und daher auch nicht bemerkt, dass sie zu viel Geld erhalten habe.

Das Gericht ließ das nicht gelten. Die Frau wurde wegen Betrugs zu neun Monaten auf Bewährung verurteilt und musste das zu viel gezahlte Geld wieder zurückzahlen. Zusätzlich wurde sie dazu verurteilt, 2.500 Euro an ein Kinderhospiz zu zahlen.

Zu viel Lohn bekommen: Darf der Chef den Betrag vom nächsten Lohn abziehen?

Fast immer sind Umstände des Einzelfalls entscheidend. Zunächst einmal muss man wissen, wie hoch die Summe ist, die der Chef (oder die Lohnbuchhaltung) zu viel überwiesen hat. Handelt es sich nur um einen kleinen Betrag, ist man als Mitarbeiter gut beraten, mit dem Arbeitgeber eine gütliche Einigung zu finden. Schließlich ist es wenig sinnvoll, sich wegen geringer Summen mit dem Arbeitgeber zu streiten und im schlimmsten Fall eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung zu riskieren. In der Regel ist es für Angestellte besser, sich mit dem Chef gutzustellen und ihn auf Irrtümer hinzuweisen – auch wenn dieser Irrtum darin besteht, dass man zu viel Gehalt bekommen hat und es eigentlich lieber behalten möchte.

Bildnachweis: Roman Samborskyi / Shutterstock.com

Nach oben scrollen