Ein Mann mit 8 Armen betreibt Multitasking

Multitasking: Eine schlechte Angewohnheit?

Die Zeit wird immer knapper – das gilt nicht nur für gestresste Büromenschen. Viele Personen haben das Gefühl, dass sie in immer weniger Zeit immer mehr erledigen müssen. Da scheint Multitasking, also das gleichzeitige Erledigen mehrerer Aufgaben, doch der ideale Ausweg. Leider funktioniert Multitasking in der Praxis aber nicht so gut wie erhofft.

Multitasking: Was versteht man darunter?

Beim Multitasking versucht man, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu erledigen. Schon in der Theorie wird deutlich, dass der Ansatz fehleranfällig ist. Denn viele Tätigkeiten lassen sich nicht simultan absolvieren.

Ein Beispiel: Telefonieren und gleichzeitig E-Mails beantworten – das klingt zunächst nach Multitasking. Wer sich jedoch bei diesem Versuch beobachtet, muss festzustellen, dass beides gleichzeitig stattfindet. In aller Regel ist es nicht möglich, sich auf ein Telefongespräch zu konzentrieren und gleichzeitig eine E-Mail zu schreiben. Praktisch läuft es eher so ab: Wir telefonieren, lenken unsere Konzentration dann auf die E-Mail, tippen, schicken sie ab und widmen uns erst anschließend wieder ganz dem Gespräch.

Beiden Tätigkeiten laufen tatsächlich nicht gleichzeitig, sondern nacheinander ab. Der zeitliche Abstand ist zwar gering, sodass man im Nachhinein vielleicht den Eindruck hat, es handele sich um Multitasking – tut es aber nicht.

Multitasking ist im Job dennoch eine gefragte Fähigkeit

Die meisten von uns sind in der Lage, sich fortzubewegen und gleichzeitig zum Beispiel einen Podcast zu hören oder mit der besten Freundin zu telefonieren. Ob das jedoch die Art von Multitasking ist, die Chefs sich im Job vermehrt wünschen, darf bezweifelt werden.

Wenn Vorgesetzte davon sprechen, dass wir mehr Multitasking in unsere Abläufe integrieren sollen, meinen sie aller Wahrscheinlichkeit nach etwas anderes. Es geht ihnen eher darum, dass wir mehrere Aufgaben gleichzeitig bearbeiten sollen. Das Ziel: Wertvolle Arbeitszeit soll gespart werden, damit die Arbeitnehmer sie an anderer Stelle einbringen können.

Die Nachteile: Warum Multitasking nicht funktioniert

Wissenschaftler sind sich mittlerweile einig, dass es Multitasking, so wie es sich viele Arbeitnehmer erträumen, in der Realität nicht gibt. Schlimmer noch: Es ist nicht nur unmöglich, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu erledigen, das versuchte Multitasking kann sogar handfeste Nachteile für Beschäftigte haben.

1. Multitasking erhöht Stresslevel

Prof. Norbert Rohleder, der an der Universität von Mainz zum Thema Arbeitswelt forscht und lehrt, regt dazu folgendes Experiment an: Beschäftigte sollten sich am Abend eine To-Do Liste schreiben. Am nächsten Tag nehmen sie sich zwei der Aufgaben vor und versuchen, diese gleichzeitig zu bearbeiten. Das machen sie bis zum Ende des Arbeitstages oder so lange, bis die To-Do Liste abgearbeitet ist. Am Ende des Tages oder der Liste, sollten sich die Beschäftigten Zeit nehmen und notieren, wie gestresst sie sich bei den Aufgaben gefühlt haben und wie die Arbeitsergebnisse zu bewerten sind.

Am nächsten Tag absolvieren sie einen ähnlichen Arbeitsplan, aber ohne Multitasking. Also abends Liste schreiben, im Laufe des darauffolgenden Tages abarbeiten. Statt zu versuchen, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu bearbeiten, widmen sich die Mitarbeiter in diesem Szenario nur einer Aufgabe und konzentrieren sich voll auf diese. Erst nachdem sie die Aufgabe bearbeitet haben, wenden sie sich der nächsten zu. Am Ende der Liste oder des Arbeitstages angekommen sollen die Mitarbeiter nun wiederum aufschreiben, wie sie Stresslevel und Arbeitsergebnisse beurteilen.

Häufig stellt man dabei fest, dass die zweite Variante, also diejenige ohne versuchtes Multitasking, die bessere ist. Die meisten Arbeitnehmer kommen besser damit zurecht, sich auf eine Aufgabe vollständig zu konzentrieren, statt ihren Fokus zu teilen.

2. Multitasking führt zu Fehlern

Multitasking ist nicht nur schädlich für die Konzentration. Es gibt deutliche Hinweise, dass das versuchte gleichzeitige Bearbeiten von Aufgaben dazu führt, dass beide Aufgaben schlechter erledigt werden. Das hängt mit der fehlenden Konzentration zusammen.

Teilen wir unsere Konzentration und richten sie gleichzeitig auf mehrere unterschiedliche Aufgaben, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir Fehler machen und diese Fehler später korrigieren müssen – sofern sie uns überhaupt auffallen. Das wiederum ist der Grund dafür, dass Multitasking häufig viel mehr Zeit kostet, als sie spart.

3. Lerneffekt minimiert sich

Wie wir sehen, ist Multitasking bei Routinetätigkeiten bereits problematisch. Noch verheerender werden die Auswirkungen, wenn es darum geht, neue Abläufe zu lernen. Gerade in den ersten Jahren im Job kommt das immer wieder vor. Arbeitnehmer, die eine neue Tätigkeit erlernen, sollten sich dabei nicht von Multitasking ablenken lassen. Wenn es darum geht, einen neuen Arbeitsschritt zu verstehen und zu verinnerlichen, ist Multitasking eher schädlich als nützlich. Auch das verstehen wir leicht, wenn wir uns in folgende Situation hineinversetzen.

Stelle dir vor, ein Kollege zeigt dir, wie du Bestellungen über ein neues Programm auslösen sollst. Während er dir die einzelnen Schritte zeigt, tippst du E-Mails in dein Smartphone oder liest dir die Arbeitsanweisung für die nächste Aufgabe durch, die auf dich wartet. In aller Regel wirst du später feststellen, dass du nicht wirklich viel von dem verstanden hast, was dein Kollege dir zeigen wollte. Aufgrund des Multitasking hast du also kaum etwas gelernt.

4. IQ kann sinken

Dass Multitasking vielleicht sogar schädlich sein kann, haben Forscher des University College in London untersucht. In einem Experiment fanden sie heraus, dass anhaltendes Multitasking einen ähnlichen Einfluss auf unser Denkvermögen haben kann wie zu wenig Schlaf.

5. Die Gesundheit leidet

Da Multitasking Stress auslöst, leidet irgendwann auch unsere Gesundheit darunter, dass wir uns ständig zu viel zumuten. Die körperlichen Beschwerden anhaltender Überlastung können unterschiedlich aussehen. Einige Personen bekommen Rückenschmerzen, andere leiden unter Schlafstörungen oder Bluthochdruck oder anderen Herz-Kreislauferkrankungen. Besteht der Arbeitstag nur noch aus Stress, kann ein Burnout die Folge sein.

Multitasking bei Frauen: Was ist dran an der Zuschreibung?

Landläufig heißt es, Frauen seien besser darin, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu erledigen. Sie sollen also gewissermaßen ein natürliches Talent für Multitasking haben. Einige Studien deuten darauf hin, dass diese Zuschreibung zumindest zum Teil korrekt ist. Jungen Frauen scheint es leichter zu fallen, mehrere Aufgaben im Multitasking zu erledigen. Allerdings nimmt dieser Effekt im Laufe der Zeit ab. Ältere Frauen sind nicht mehr besser im Multitasking. In der Regel erzielen sie in Untersuchungen Ergebnisse, die denen von Männern ähneln.

Statt Multitasking: So arbeitest du effektiver

Multitasking solltest du vermeiden, wann immer es möglich ist. Am Arbeitsplatz kann das natürlich schwierig werden, wenn dein Vorgesetzter oder Chef darauf besteht, dass du unterschiedliche Dinge gleichzeitig bearbeiten sollst. Da hilft nur, ihn durch gute Arbeit zu überzeugen. Wenn er sieht, dass die Arbeitsergebnisse ohne Multitasking besser sind und noch dazu dein Stresspegel sinkt, sollte er darüber nachdenken, ob es vielleicht besser wäre, Multitasking künftig aus dem Arbeitsalltag zu verbannen.

Techniken und Methoden, die dir zu effektiverem und produktiverem Arbeiten verhelfen, sind zum Beispiel:

  1. Pomodoro-Technik: Bei dieser Technik konzentrierst du dich 25 Minuten auf eine bestimmte Aufgabe und legst danach eine 5-minütige Pause ein. Diesen Ablauf wiederholst du insgesamt vier Mal. Danach folgt eine längere Pause von 15 bis 30 Minuten, bis du wieder von vorne mit dem Durchgang startest.
  2. Eisenhower-Matrix: Mit dieser Matrix gelingt es dir, deinen Arbeitsalltag zu strukturieren und zunächst diejenigen Aufgaben zu bearbeiten, die wichtig und dringend sind. Insgesamt nutzt du die Kategorien wichtig und unwichtig, die du im Koordinatensystem auf der x-Achse anordnest, sowie von dringend und nicht dringend, die du auf der y-Achse einträgst. Deine Aufgaben ordnest du im nächsten Schritt entsprechend zu. Dann siehst du, wie du vorgehen musst: Aufgaben, die wichtig und dringend sind, werden sofort bearbeitet. Aufgaben, die wichtig, aber nicht dringend sind, werden neu terminiert. Nicht wichtige, aber dringende Aufgaben werden delegiert. Und Dinge, die weder wichtig noch dringend sind, werden zunächst überhaupt nicht bearbeitet.
  3. Eat the Frog: Mit dieser Technik soll es gelingen, produktiver in den Arbeitstag zu starten. Geht es dir auch so, dass du Aufgaben, die du nur ungern bearbeitest, lieber vor dir herschiebst? Das ist menschlich, führt jedoch dazu, dass wir in unserer Produktivität gelähmt werden. Ob wir es wollen oder nicht: Wir werden die ganze Zeit an die Aufgabe denken, die noch vor uns liegt. Das ist nicht zuträglich für Laune und Motivation. Daher: Iss den (sprichwörtlichen) Frosch sofort und bearbeite diejenige Aufgabe, auf die du am wenigsten Lust hast, zu Beginn deines Arbeitstages. Du wirst feststellen, dass du dich deinen anderen Aufgaben viel befreiter zuwenden kannst, wenn diese eine Aufgabe erst einmal erledigt ist.

Bildnachweis: Marko Aliaksandr / Shutterstock.com


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