Eine Frau hält sich die Hände an die Schläfen, was versteht man unter Mental Load?

Mental Load: Die unsichtbare Belastung

Einkäufe erledigen, an den Geburtstag des besten Freundes denken, neue Gummistiefel für die Kinder besorgen und eine Vertretung für den Urlaub organisieren – all das ist unsichtbare Arbeit, die zu einer gewaltigen Belastung werden kann. Mittlerweile gibt es schon einen Ausdruck für diese Form der Belastung: Mental Load. Was man genau darunter versteht und wie man am besten mit dem Phänomen umgeht, erfährst du jetzt.

Definition: Was versteht man unter Mental Load?

Der Begriff Mental Load lässt sich als „psychische Belastung“ ins Deutsche übersetzen. Gemeint ist damit, die zusätzliche Belastung durch das Organisieren und Jonglieren mit Terminen und Aufgaben im Privatleben. Ein weiteres Kriterium der Mental Load: Für Außenstehende ist die Belastung häufig nicht richtig nachzuvollziehen. Denn häufig wird diese „unsichtbare Arbeit“ nicht als echte Arbeit angesehen.

Unbezahlte Care-Arbeit, also die Aufgaben in Haushalt und Familie, werden häufig zum Mental Load dazu gezählt. An dieser Belastung ist nicht nur die Arbeit an sich, sondern vor allem auch die Tatsache Schuld, dass die Care-Arbeit häufig nicht richtig wertgeschätzt wird. Getreu dem Motto, das bisschen Haushalt macht sich doch von allein.

So wichtig ist die Care-Arbeit für alle

Nicht nur der Haushalt, sondern viele weitere Tätigkeiten, die nicht oder schlecht bezahlt werden, gehören zur unsichtbaren Arbeit dazu und sind dafür verantwortlich, dass die betreffende Person mit einer ganzen Menge Mental Load zurechtkommen muss.

Noch immer herrscht eine Gender Care Gap in Deutschland und so sind es in heterosexuellen Beziehungen meist die Frauen, die nicht nur den Haushalt übernehmen, sondern auch die unterschiedlichen Termine und Aufgaben der Familienmitglieder im Kopf behalten müssen.

Frauen, die in Teilzeit arbeiten, verzichten häufig auf einen Vollzeitjob, weil sie sich neben ihrem Job um die Erziehung der Kinder kümmern – ohne Geld dafür zu bekommen. In der Hochphase der Corona-Pandemie mussten viele Mütter nicht nur die Aufgaben aus ihrem Job erledigen, sondern waren gleichzeitig dafür verantwortlich, dass die Kinder zuhause betreut und unterrichtet wurden. Neben diesem gewaltigen Mental Load mussten sie sich außerdem darum kümmern, für die gesamte Familie Essen zuzubereiten – denn auch Kantine und Schulmensa waren geschlossen.

Unbezahlte Arbeit, ehrenamtliche Tätigkeiten, die Pflege von Angehörigen und mit ihr die gewaltige Menge an Mental Load tragen dazu bei, die Gesellschaft zusammenzuhalten – und trotzdem fehlt ganz häufig die Wertschätzung für diese Arbeit.

Mental Load Test: Leide ich unter dem Phänomen?

Doch nicht jede unbezahlte Arbeit ist grundsätzlich schlecht für den Ausführenden und kann zu einer Belastung werden, die schlimmstenfalls im Burnout endet.

Es hängt viel von der persönlichen Einschätzung, der Einstellung zum Mental Load und vor allem auch von der Wertschätzung der Umwelt ab, wie wir mit dem Phänomen umgehen.

Auf der Seite equalcareday.de können interessierte Paare einen Eindruck davon bekommen, wer in ihrer Beziehung den Löwenanteil des Mental Load übernimmt. Häufig ist sich der Partner, der sich weniger um diese Dinge kümmert, nämlich gar nicht bewusst, was der andere tagein, tagaus alles leistet. Dieser Test kann daher eine erste Grundlage dafür liefern, um Dinge im Alltag zu ändern.

Wie entsteht Mental Load?

Aber wie kommt es eigentlich dazu, dass die unbezahlte Arbeit derart ungleich verteilt ist und daher einige Personen mehr Mental Load als andere haben? Dafür gibt es gleich mehrere Gründe:

  1. Strukturelle Probleme: In früheren Jahrzehnten war es ganz normal, dass der Mann arbeitet, während sich die Frau um Haushalt und Kinder kümmert. Heute ist das anders. In Familien, die sich heute etwas leisten wollen oder gar ein Haus abbezahlen müssen, sind häufig beide Partner gezwungen zu arbeiten. Gleichzeitig bleibt das alte Denken bestehen und so übernehmen viele Frauen in heterosexuellen Beziehungen daher zusätzlich zu ihrem Job den Haushalt und die Kindererziehung.
  2. Gehaltsunterschiede: Wohl kaum ein Ehepaar wird sich dafür entscheiden, dass der Besserverdiener hauptsächlich unbezahlte Arbeit verrichtet. Das wiederum führt dazu, dass viele Frauen von Mental Load betroffen sind. Die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern – auch dann, wenn sie den gleichen Job ausüben – ist ebenfalls ein Ausdruck für die strukturelle Ungerechtigkeit.
  3. Perfektionismus: Viele Menschen scheuen sich auch davor, Dinge im Haushalt oder bei der Kindererziehung an den Partner abzugeben. Der Grund: Sie denken, dass er es nicht richtig machen wird. Da sie sich von ihren festgefahrenen Vorstellungen nur schwer trennen können, erledigen sie die Aufgabe lieber selbst.

Mental Load: Das kannst du dagegen tun

Wie wir gesehen haben, sind es verschiedene Gründe, die zum Mental Load führen. Und nicht gegen alle wirst du allein etwas ausrichten können. Es gibt aber einige Rahmenbedingungen oder Abläufe, die du sehr wohl verändern kannst. Zum Beispiel:

  1. Mikromanagement unterlassen: Wer ein wenig von seinem Mental Load abgeben möchte, kann zunächst bei sich anfangen. Heißt konkret: Sich trauen, Aufgaben an andere Personen aus dem Familien- oder Bekanntenkreis abzugeben. Und zwar komplett. Denn niemandem ist damit geholfen, wenn sich dein Partner um die Arzttermine der Kinder kümmert, du aber ständig nachfragst, ob die Termine vereinbart sind und wer mit den Kindern hinfährt.
  2. Abläufe erleichtern: Mental Load hängt zentral mit der Doppelbelastung von Beruf und Familie zusammen. Vielleicht lässt sich daher etwas an den internen Abläufen in der Familie ändern, um den Mental Load zumindest ein wenig zu reduzieren. Einige Familien leisten sich zum Beispiel eine Putzhilfe, damit diese Arbeit nicht auch noch zusätzlich zur Erwerbsarbeit erledigt werden muss. Wem das zu teuer ist, der kann auch andere Alternativen finden. Mittlerweile bieten einige Supermärkte an, dass man den Einkauf online erledigt und die Sachen dann fertig gepackt abholt. Das spart Zeit und kann entlasten. Denn so ist nicht nur ein Partner für die Einkäufe zuständig, sondern beide können sich abstimmen und ihren Teil dazu beitragen.
  3. Wertschätzung einfordern: Die innere Einstellung ist ein wesentlicher Faktor dabei, ob sich die Belastung zu einer echten Störung wie zum Beispiel einem Burnout entwickelt. Erfahren die Personen, die einen Großteil der Mental Load übernehmen, genügend Wertschätzung, können sie häufig besser mit der Belastung umgehen. Auch hierbei ist proaktives Vorgehen gefragt. Wenn du die nötige Wertschätzung nicht bekommst, musst du sie einfordern. Mache deinem Gegenüber klar, wie viel unsichtbare Arbeit du leistest und äußere klar und deutlich, dass du dafür Anerkennung erwartest.
  4. Professionelle Hilfe suchen: Bei manchen Menschen wächst die Mental Load zu einer derart großen Belastung heran, dass sie alleine damit nicht mehr fertig werden. Diese Menschen müssen sich professionelle Hilfe suchen. Ansprechpartner für diese Problem gibt es einige: Die meisten Krankenkassen haben mittlerweile Angebote zur Hilfe bei Mental Load in ihrem Programm. Bei der AOK kann man beispielsweise einen Onlinekurs zum Thema Stressbewältigung absolvieren. Daneben gibt es Psychotherapeuten, die auf dieses Thema spezialisiert sind. Wer unter Mental Load leidet, sollte zunächst seinen Arzt ansprechen und mit ihm nach einer geeigneten Strategie oder Behandlungsmethode suchen.

Bildnachweis: fizkes / Shutterstock.com


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