Ein Chef ist im Büro und erteilt seinen Mitarbeitern Anweisungen, dies darf er durch das Direktionsrecht

Direktionsrecht: Das darf der Chef bestimmen – und das nicht

Das Direktionsrecht (auch Weisungsrecht genannt) gibt deinem Chef bei seinen Anweisungen ein wenig Spielraum. Denn nicht jede Kleinigkeit kann im Arbeitsvertrag geregelt werden. Bei der täglichen Arbeit ergeben sich immer wieder Situationen, in denen dein Chef flexibel reagieren muss. Genau dafür ist das Direktionsrecht da. Doch du musst nicht alles willenlos befolgen, was dein Arbeitgeber von dir verlangt. Das Direktionsrecht hat auch Grenzen. Wo die liegen und was du tun solltest, erfährst du hier.

Direktionsrecht: Was versteht man darunter?

Das Direktionsrecht schreibt vor, wann, wo und welche Arbeit der Arbeitnehmer zu leisten hat. In der überwiegenden Zahl der Fälle wird das im Arbeitsvertrag festgelegt, jedoch recht allgemein.

Der Grund: Der Arbeitgeber muss bei seinen Anweisungen einen gewissen Spielraum haben, um den Arbeitnehmer so einsetzen zu können, wie er gerade gebraucht wird. Dieses Recht nennt sich daher Direktionsrecht oder Weisungsrecht.

Das Direktionsrecht ist eine einseitige Angelegenheit. Denn nur dein Chef darf davon Gebrauch machen und braucht auch nicht dein Einverständnis, um dir bestimmte Aufgaben zuzuteilen – das macht ja das Weisungsrecht aus.

Sobald du den Arbeitsvertrag unterschreibst, stimmst du zu, dass dein Chef zukünftig während der Arbeitszeit sein Weisungsrecht ausüben darf. Folgst du den Anweisungen nicht, kann dein Chef dich abmahnen und sogar kündigen.

Die Grenzen des Weisungsrechts

Natürlich darf dein Arbeitgeber nicht willkürlich beschließen, dir Aufgaben zuzuteilen. Der Gesetzgeber spricht in diesem Fall von „billigem Ermessen“ (§ 315 BGB). Danach darf der Arbeitgeber zwar nach den betrieblichen Erfordernissen entscheiden, muss dabei aber auch deine Interessen berücksichtigen.

Außerdem wird das Direktionsrecht durch Verträge beschränkt: Je konkreter und eindeutiger dein Arbeitsvertrag formuliert ist, desto weniger Spielraum hat dein Arbeitgeber im Hinblick auf sein Direktionsrecht. Beschreibt der Vertrag ausführlich und kleinteilig, was zu deinen Aufgaben gehört, wird es schwierig, dir andere Aufgaben zuzuteilen.

Im Sinne einer guten Zusammenarbeit solltest du jedoch nicht darauf bestehen, wirklich nur diese Aufgaben zu übernehmen. Solange die Arbeitsanweisungen deines Chefs noch im Rahmen sind, solltest du sie ausführen. Sofern du noch länger bei deinem Arbeitgeber bleiben möchtest. Denn Loyalität und Flexibilität spielen für viele Arbeitgeber eine große Rolle. Und dieses Verhalten kann dir im Gegenzug nützen, wenn du flexibel einen Urlaubstag benötigst. Getreu dem Motto „eine Hand wäscht die andere“.

Neben dem Arbeitsvertrag wird das Direktionsrecht durch Betriebsvereinbarungen, einen geltenden Tarifvertrag oder andere rechtliche Regelungen begrenzt. Finden sich in diesen Verordnungen konkrete Vorgaben, muss sich dein Arbeitgeber daran halten und kann nicht auf sein Direktionsrecht verweisen.

Beispiel: Er kann nicht darauf bestehen, dass du die gesetzlichen Ruhezeiten zwischen Arbeitsende und erneutem Arbeitsbeginn ignorierst. Denn die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes stehen dem entgegen und können nicht durch das Direktionsrecht übergangen werden.

Hier endet das Direktionsrecht

Daneben gibt es bestimmte Dinge, die dein Chef nicht ändern kann, nur weil er auf sein Direktionsrecht besteht:

  1. Arbeitszeit kürzen: Gerät das Unternehmen wirtschaftlich in Schwierigkeiten, könnte dein Chef auf die Idee kommen, deine wöchentliche Arbeitszeit zu kürzen. Das geht aber nicht im Rahmen des Direktionsrechts. Wenn er das tun möchte, muss er Kurzarbeit anordnen oder eine andere vertragliche Regelung finden. Eine Änderungskündigung wäre beispielsweise denkbar.
  2. Geringerwertige Arbeit: Wenn du als Arzt eingestellt wurdest, kannst du nicht dazu gezwungen werden, als Krankenpfleger zu arbeiten. Das Direktionsrecht gibt deinem Chef nicht das Recht, dir Arbeit zuzuweisen, die weit unter deinen Fähigkeiten liegt. Auch dann nicht, wenn du dafür die gleiche Bezahlung bekommen würdest.
  3. Moralisch fragwürdige Arbeit: Arbeitsanweisungen, die du mit deinem Gewissen nicht vereinbaren kannst, musst du nicht nachkommen.

Die Bereiche des Direktionsrechts: Das darf der Chef bestimmen

Wie bereits angesprochen richtet sich das Direktionsrecht nach den betrieblichen Erfordernissen. Das klingt zunächst vielleicht etwas sperrig, wird aber gleich verständlich: Dein Chef kann nicht von vornherein alle Situationen absehen, in denen er dich einsetzen möchte, also deine Arbeitskraft benötigt.

Aus diesem Grund wird mit dem Direktionsrecht der Rahmen definiert, in dem er bestimmen darf – aber eben auch, was er nicht darf. Die rechtlichen Grundlagen des Weisungsrechts finden sich in:

  • Paragraf § 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)
  • Paragraf § 106 der Gewerbeordnung (GewO)

In der Gewerbeordnung steht außerdem, welche in welchen Bereichen dein Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts bestimmen darf, nämlich:

  1. Ort
  2. Zeit
  3. Inhalt

Was das konkret bedeutet, schauen wir uns nun im Einzelnen an:

1. Direktionsrecht und Arbeitsort

Häufig arbeiten Mitarbeiter an einem bestimmten Arbeitsort. Im Büro ist das der eigene Schreibtisch, in der Produktionshalle meist ein bestimmter Platz in der Fertigung.

Im Rahmen des Direktionsrechts darf dein Chef dich aber auch an einem anderen Ort einsetzen und dich zum Beispiel auffordern, den Arbeitsplatz des kranken Kollegen zu übernehmen.

Denkbar ist außerdem, dass du als Verkäufer in anderen Filialen eingesetzt wirst. In der Zeitarbeit ist es vollkommen normal, dass Mitarbeiter bei verschiedenen Kunden des Zeitarbeitsunternehmens arbeiten und damit wechselnde Arbeitsorte haben.

Eine Versetzung ist auch bei anderen Arbeitsverhältnissen denkbar, etwa wenn du für einen großen Konzern mit mehreren Filialen im gesamten Bundesgebiet arbeitest.

Enthält dein Arbeitsvertrag eine gültige Versetzungsklausel, könntest du gezwungen sein, auch über mehrere hundert Kilometer umzuziehen oder zumindest zu der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit dort zu arbeiten. Du solltest also vor allem bei größeren Unternehmen genau hinschauen, was in deinem Vertrag steht und dir über die Folgen Gedanken machen.

Versetzung und Betriebsrat

Gibt es bei deinem Arbeitgeber einen Betriebsrat, muss dieser der Versetzung zustimmen. Allerdings wird er das in den meisten Fällen tun. Denn nur in begründeten Ausnahmefällen darf der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern.

Übrigens hilft dir der Betriebsrat bei einer kurzzeitigen Versetzung vermutlich nur wenig weiter. Weist dein Chef dich an, den Arbeitsplatz eines kranken Kollegen zu übernehmen, kann sich der Betriebsrat nicht einmischen.

Denn eine Versetzung, die zustimmungspflichtig ist, muss länger als einen Monat anhalten und/oder für dich bedeuten, dass du ganz andere Arbeiten übernehmen musst. Das wird vermutlich nicht der Fall sein, wenn du deinen Kollegen vom benachbarten Arbeitsplatz vertreten sollst.

2. Direktionsrecht und Arbeitszeit

In deinem Arbeitsvertrag wird wahrscheinlich außerdem festgelegt sein, wie viele Stunden du wöchentlich arbeiten musst. Meist kann dein Chef daran nicht rütteln. Denn wenn du für eine Teilzeitstelle von 20 Stunden eingestellt wurdest, kann er dich nicht dazu verdonnern, regelmäßig 40 Stunden zu arbeiten.

Überstunden sind davon ausgenommen. Denn die dürfen hin und wieder anfallen und sind durch das Direktionsrecht gedeckt – sofern es eine entsprechende Vereinbarung gibt.

Hin und wieder ist dort außerdem geregelt, an welchen Wochentagen du arbeiten sollst. Steht dazu nichts im Arbeitsvertrag, ist dein Chef – innerhalb gewisser rechtlicher Grenzen – auch hier recht frei.

So kann er dank Direktionsrecht verlangen, dass du ausnahmsweise auch samstags auf der Arbeit erscheinst, auch wenn du normalerweise nur wochentags arbeitest. Wenn es die betrieblichen Erfordernisse (zum Beispiel ein Großauftrag) verlangen, ist das durchaus denkbar.

Im Rahmen des Direktionsrecht darf dein Chef also folgende Dinge festlegen:

  • Pausenzeiten
  • Schichtzeiten
  • Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit

3. Direktionsrecht und Arbeitsinhalt

Mit dem Begriff Arbeitsinhalt sind diejenigen Tätigkeiten gemeint, die du auf der Arbeit verrichtest. Häufig findest du diese Dinge schon in der Stellenausschreibung. Aber auch in diesem Arbeitsvertrag sollte sich eine Beschreibung finden, was von dir erwartet wird.

Auch hier gilt: Je detaillierter dieser Punkt im Arbeitsvertrag beschrieben ist, umso eingeschränkter ist das Direktionsrecht. Steht in deinem Arbeitsvertrag beispielsweise, dass du als Verkäufer in der Obst- und Gemüseabteilung eingestellt wirst, kann dein Chef dich nicht ohne Weiteres in die Metzgereiabteilung versetzen.

Das Direktionsrecht wird in diesem Fall durch den Arbeitsvertrag begrenzt. Ist dagegen nur die Rede davon, dass du als Verkäufer eingestellt wirst, darf dein Chef dich in unterschiedlichen Abteilungen einsetzen.

Direktionsrecht: Verhalten und Ordnung gehören ebenfalls dazu

Neben den 3 großen Punkten Zeit, Ort und Inhalt kann dein Chef dank Direktionsrecht auch die Ordnung und dein Verhalten im Betrieb bestimmen. So gehört zur Ordnung beispielsweise, dass er verbieten darf, auf dem Betriebsgelände zu rauchen oder dich anweist, das Licht auszuschalten, wenn du die Waschräume verlässt.

Die Vorschriften zum Verhalten können sich sowohl auf den Umgang mit deinen Kollegen beziehen als auch darauf, wie du Kunden gegenüber auftreten sollst. Auch Vorgaben zu einem gewissen Dresscode oder einer bestimmten Arbeitskleidung gehören zum Direktionsrecht dazu.

Was können Arbeitnehmer tun?

Dein Arbeitgeber erteilt dir eine Weisung, die gegen das Direktionsrecht verstößt? Dann musst du diese Weisung nicht ausführen – theoretisch jedenfalls. In der Praxis gibt es immer wieder Auseinandersetzungen, die bis zur Kündigung führen können, wenn Arbeitnehmer den Aufforderungen ihres Chefs nicht nachkommen.

Zwar gilt, dass du bei Anweisungen, die deinem Arbeitsvertrag oder einer anderen Vereinbarung widersprechen, nicht folgen musst. Doch leider sind diese Grenzen in der konkreten Situation häufig nicht so klar umrissen.

Und so kommt es immer wieder dazu, dass Arbeitnehmer eine Abmahnung oder gar eine verhaltensbedingte Kündigung bekommen, wenn sie Anweisungen des Chefs nicht befolgen.

Einige Juristen raten daher dazu, zunächst das zu tun, was der Arbeitgeber verlangt. Gleichzeitig solltet du deutlich machen, dass du damit nicht einverstanden bist. Im Zweifelsfall kannst du die Angelegenheit vor einem Arbeitsgericht klären lassen. Dort wird entschieden, wer von euch beiden im Recht ist.

Bevor du derartige Schritte gehst, solltest du jedoch mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht sprechen. Denn nur ein Fachmann (oder eine Fachfrau) kann dir einen verbindlichen Rat geben. Es geht schließlich um deinen Arbeitsplatz.

Bildnachweis: OSJPHOTO / Shutterstock.com


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