Bestechlichkeit: ein Kavaliersdelikt?
Gilt ein Arbeitnehmer, der zu Weihnachten oder Ostern ein kleines Geschenk eines Zulieferers annimmt, schon als bestechlich? Und wie sieht es mit einer Flasche Wein aus, die der Lieferant jedes Jahr zum Geburtstag schickt – ist das Bestechung? Erfahre hier, worauf du bei Zuwendungen von Dritten achten solltest und wie du am besten damit umgehst.
Bestechlichkeit: Wann kann man davon sprechen?
Bestechung, „Schmieren“, Vorteilsnahme, Korruption – was ist was und wann wird es für Arbeitnehmer, Beschäftigte im öffentlichen Dienst und Beamte juristisch gefährlich? Das kommt, wie so häufig, auf die konkreten Umstände an. Zunächst einmal muss man zwischen einem Amtsdelikt und Bestechlichkeit in der Privatwirtschaft unterscheiden, denn für beide gelten unterschiedliche rechtliche Regelungen.
Das Amtsdelikt ist in § 332 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt und hat in erster Linie Behörden und ihre Beschäftigten im Blick. Personen, die Amtsträger sind, im öffentlichen Dienst arbeiten oder als Soldat dienen, sollten sich diese Regelung genauer ansehen, bevor sie ein (Geld-)Geschenk annehmen. Denn schnell steht der Vorwurf der Vorteilsannahme im Amt im Raum. Amtsträger sind übrigens nicht nur Personen, die in einer Behörde arbeiten. Zu diesem Personenkreis gehören auch Lehrkräfte oder Mitarbeiter von Unternehmen, die dem Staat nahestehen.
Die relevanten Vorschriften für die Bestechlichkeit von Arbeitnehmern findet man dagegen in § 299 StGB. Die Begriffe Bestechung und Bestechlichkeit bezeichnen dabei in der Regel, wenn ein Arbeitnehmer eine Zuwendung (ein materielles Geschenk oder einen Geldbetrag) annimmt und dafür im Gegenzug eine Gefälligkeit oder einen Vorteil für die schenkende Person gewähren soll. Häufig ist der Gefallen, den der Amtsträger oder der Arbeitnehmer tun soll, pflichtwidrig. Der Arbeitnehmer verstößt bei der Bestechlichkeit also gegen die Pflichten, die sich aus seinem Arbeitsvertrag ergeben.
Bestechlichkeit und Vorteilsnahme
Die abgeschwächte Form der Bestechlichkeit ist die sogenannte Vorteilsnahme. Dabei bewegt man sich noch hauptsächlich auf legalem Grund. Von Vorteilsnahme kann man zum Beispiel sprechen, wenn man einen Mitarbeiter bei einer Behörde einlädt, nachdem er einen Antrag (gesetzeskonform) bewilligt hat.
Der Ablauf an sich war dabei nicht illegal, es hat jedoch ein gewisses Geschmäckle, wenn der zuständige Mitarbeiter nach der Genehmigung gewissermaßen mit einem Abendessen für seine Arbeit belohnt wird. Man könnte zumindest auf die Idee kommen, dass nicht alles ganz korrekt abgelaufen ist.
Übrigens: Bestechlichkeit und Vorteilsnahme sind beides Delikte, die unter den Begriff der Korruption fallen.
Bestechung im geschäftlichen Verkehr: Was ist verboten?
Die Grenzen zwischen Vorteilsnahme, Bestechlichkeit und einer kleinen Aufmerksamkeit, mit der der Schenkende lediglich seine Wertschätzung ausdrücken möchte, sind fließend. Daher sind Arbeitnehmer immer wieder unsicher, welche Geschenk noch erlaubt sind und wann die Grenze zu einem potentiell strafbaren Verhalten überschritten ist.
Eine allgemeingültige Antwort auf diese Frage können wir leider nicht geben. Solltest du ein ganz konkretes Problem haben, empfehlen wir, dies mit einem Fachanwalt zu besprechen. Trotzdem möchten wir dir eine Daumenregel mit auf den Weg geben, an der du dich in deinem Arbeitsalltag orientieren kannst:
Werbegeschenke und kleinere Zuwendungen, wie zum Beispiel ein USB-Stick oder ein Kugelschreiber, sind häufig kein Problem und bringen dich in der Regel nicht in den Verdacht der Vorteilsnahme. Erhältst du jedoch regelmäßig kleinere Aufmerksamkeiten von einem ganz bestimmten Lieferanten, kann das zum Problem werden. Überschreiten die regelmäßigen Geschenke und Aufmerksamkeiten eine bestimmte Summe, könnte dein Chef auf die Idee kommen, dass der Lieferant eine Gegenleistung für sein dauerhaftes Engagement verlangt – und das wiederum könnte gegen die Pflichten aus deinem Arbeitsvertrag verstoßen.
Daneben spielt auch die Art des Geschenks eine Rolle dabei, wie die Zuwendung beurteilt wird. Wirst du regelmäßig von dem Lieferanten zu einem gemeinsamen Essen eingeladen, könnte dein Chef vermuten, dass damit eine persönliche Beziehung aufgebaut werden soll. Vielleicht denkt er, dass der Lieferant sich bei dir beliebt machen möchte, damit du beim nächsten Auftrag eher seinem Angebot zustimmst.
Aber auch dann, wenn das Geschenk nicht in die Firma, sondern an deine private Adresse geschickt wird, solltest du sehr vorsichtig sein und im Zweifel das Geschenk lieber ablehnen. Denn gerade in diesem Fall kann schnell der Verdacht aufkommen, dass der Schenkende eine Gegenleistung für seine Zuwendung verlangt, was natürlich gegen deinen Arbeitsvertrag verstößt.
Compliance-Regelungen beachten
Gerade in größeren Unternehmen findest du in deinem Arbeitsvertrag häufig einen Passus, der sich mit dem Thema Bestechlichkeit und Vorteilsnahme eingehender befasst: die sogenannten Compliance-Richtlinien. Dort ist beschrieben, welche Arten von Geschenken und welche Geldsummen noch im Rahmen sind und wo es anfängt, problematisch zu werden.
Fehlen derartige Richtlinien und du bist dir nicht sicher, ob du das Kundengeschenk annehmen darfst, frag einfach bei deinem Vorgesetzten oder Chef nach. Da es bei der Vorteilsnahme immer auch um Fragen der Loyalität geht, wird es dein Chef sicherlich positiv bewerten, wenn du offen und ehrlich mit Kundengeschenken umgehst.
Beschäftigte im öffentlichen Dienst sollten ebenfalls ganz genau in ihrem Arbeitsvertrag nachsehen, was noch erlaubt ist. Häufig ist im Vertrag ganz genau geregelt, welche kleineren Zuwendungen man annehmen darf und ab welcher Größe man eher vorsichtig sein sollte.
Ist Bestechlichkeit strafbar?
Bestechlichkeit und Bestechung sind keine Kavaliersdelikte, sondern können handfeste Konsequenzen haben. Daher ist es im Zweifelsfall besser, Rücksprache zu halten und sich beim Arbeitgeber oder beim Betriebsrat zu erkundigen, wie die Regelungen in der Firma konkret aussehen.
Die Folgen der Bestechung im geschäftlichen Verkehr hängen von dem Umfang und dem verursachten oder potenziellen Schaden ab. Handelt es sich nur um ein kleineres Vergehen, hast du vielleicht Glück und du kommst mit einer Abmahnung davon. Eine Garantie gibt es dafür jedoch nicht. Denn für die juristische Beurteilung der Bestechlichkeit und Bestechung spielt es keine Rolle, ob ein Schaden entstanden ist oder nicht. Es reicht im Prinzip schon aus, dass dein Arbeitgeber an deiner Loyalität ihm gegenüber nun zweifelt.
In einigen, gut begründeten Fällen, kann die Bestechlichkeit zu einer fristlosen Kündigung führen – auch dann, wenn der Arbeitgeber keine Nachteile davon hatte. Ausschlaggebend ist die sogenannte Treuepflicht, die der Beschäftigte seinem Arbeitgeber gegenüber hat. Wenn die Bestechung den Interessen des Unternehmens schaden könnte, kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein.
Im StGB ist geregelt, dass Angestellte, die sich der Bestechung strafbar machen, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe rechnen müssen.
Wenn dir eine Zuwendung angeboten wird und du dir nicht sicher bist, ob du sie annehmen darfst, solltest du sie lieber ablehnen. Denk immer daran, dass im Zweifelsfall dein Job oder gar deine Freiheit auf dem Spiel steht.
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