Vertragsstrafe: In welchen Fällen kommt sie infrage?

Vertragsstrafe: In welchen Fällen kommt sie infrage?

Viele Arbeitsverträge sehen Vertragsstrafen vor, die Arbeitnehmer in bestimmten Situationen zahlen müssen. Das ist grundsätzlich zulässig, solange die Details der Regelung nicht dazu führen, dass sie unwirksam wird. Hier erfährst du, was eine Vertragsstrafe ist und wofür sie vorgesehen sein kann, wann entsprechende Klauseln nichtig sind und ob es Möglichkeiten gibt, Vertragsstrafen zu umgehen.

Vertragsstrafe: Was ist das?

In vielen Arbeitsverträgen finden sich Klauseln, in denen es um eine Vertragsstrafe geht. Die Vertragsstrafe, die auch als Konventionalstrafe bekannt ist, kann den Arbeitnehmer betreffen, wenn er gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt. Indem sie eine entsprechende Regelung in den Arbeitsvertrag aufnehmen, versuchen Arbeitgeber, ihre Mitarbeiter zur Erfüllung ihrer Arbeitspflicht und von Nebenpflichten anzuhalten. Die Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag soll mögliche Nachteile des Arbeitgebers ausgleichen, die sich durch ein bestimmtes Verhalten des Arbeitnehmers ergeben können.

Für welche Sachverhalte Vertragsstrafen gelten, legt jeder Arbeitgeber selbst fest. Prinzipiell darf er Vertragsstrafen im Arbeitsvertrag verankern. Nicht jede Klausel ist jedoch auch wirksam. Dabei kommt es auf den Wortlaut der jeweiligen Regelung an.

Wann kommt eine Vertragsstrafe infrage?

Verletzt der Arbeitnehmer seine Pflichten, kann das dem Arbeitgeber schaden. Er hat dadurch etwa wirtschaftliche oder strategische Nachteile. Aus diesem Grund finden sich Vertragsstrafen in vielen Arbeitsverträgen. Sie beziehen sich typischerweise auf ganz bestimmte Fälle und werden entsprechend nur dann fällig, wenn der Arbeitnehmer sich in den jeweiligen Bereichen etwas zuschulden kommen lässt.

Für Arbeitgeber sind Vertragsstrafen einerseits deshalb praktisch, weil es oft mühsam ist, Schadensersatzforderungen gegen Beschäftigte durchzusetzen. Gibt es eine gültige Regelung zu Vertragsstrafen, erhalten sie schneller und unkomplizierter eine Entschädigung für das Fehlverhalten eines Beschäftigten, ohne gleichzeitig eine konkrete Schadenshöhe nachweisen zu müssen. Außerdem ist eine Vertragsstrafe ein Druckmittel, welches es unwahrscheinlicher macht, dass ein Arbeitnehmer sich überhaupt vertragswidrig verhält.

Vertragsstrafen können grundsätzlich für verschiedene Situationen festgelegt werden. Eine Vertragsstrafe ist im Arbeitsvertrag häufig für einen Nichtantritt der Stelle vorgesehen. Entscheidet sich der neue Mitarbeiter doch noch anders, nachdem er den Arbeitsvertrag schon unterschrieben hat, muss er in solchen Fällen eine Strafe zahlen.

Ebenfalls häufig genutzt wird eine Vertragsstrafe als Sanktion für die Weitergabe von Betriebsgeheimnissen. Sie kann auch für den Fall vorgesehen sein, dass ein Beschäftigter gegen ein Wettbewerbsverbot verstößt, das im Arbeitsvertrag fixiert ist. Eine Vertragsstrafe kann auch bei Kündigung drohen, und zwar vor allem dann, wenn der Arbeitnehmer sich bei einer Eigenkündigung nicht an die geltende Kündigungsfrist hält.

Voraussetzungen für eine wirksame Vertragsstrafe

Vertragsstrafen gehen fast ausschließlich zulasten des Beschäftigten. Trotzdem darf der Arbeitgeber sie im Arbeitsvertrag festlegen. Ob sie wirksam sind und in welchen Fällen sie tatsächlich eingefordert werden können, hängt von der jeweiligen Sachlage ab.

Arbeitgeber dürfen von ihren Mitarbeitern nur dann verlangen, dass sie eine Vertragsstrafe zahlen, wenn es eine wirksame Grundlage dafür im Arbeitsvertrag gibt. Diese Regelung muss einerseits unmissverständlich sein. Der Arbeitgeber darf sie weder im Arbeitsvertrag verstecken noch sie so kompliziert formulieren, dass der Arbeitnehmer womöglich gar nicht verstanden hat, was ihm droht.

Andererseits können Vertragsstrafen im Arbeitsvertrag unwirksam sein, wenn sie mit einer zu hohen Forderung des Arbeitgebers einhergehen. In § 307 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist festgelegt, dass Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen – und dazu zählen Vertragsstrafen – den Vertragspartner nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen dürfen. Ist die Vertragsstrafe unangemessen hoch, wird sie automatisch unwirksam.

Nur bei einem Verschulden des Arbeitnehmers kann eine Vertragsstrafe eingefordert werden

Es gibt allerdings keine feste Obergrenze für die Höhe einer Vertragsstrafe. Wie hoch eine Vertragsstrafe sein darf, hängt insbesondere von der Höhe des Gehalts und der Kündigungsfrist ab. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts darf die Höhe einer Vertragsstrafe bei einer Kündigung das Gehalt während der Kündigungsfrist nicht übersteigen (Az. 8 AZR 897/08).

Vertragsstrafen in Arbeitsverträgen müssen sich auf bestimmte Sachverhalte beziehen. Es ist nicht zulässig, wenn Arbeitgeber über Vertragsstrafen versuchen, nahezu jeden Bereich abzudecken.

Ob eine Vertragsstrafe bei Pflichtverstößen fällig wird, hängt nicht nur von ihrer Grundlage im Arbeitsvertrag ab. Der Arbeitnehmer muss sich zudem schuldhaft verhalten haben. Das bedeutet, dass er den Pflichtverstoß vorsätzlich begangen haben muss. Auch grob fahrlässiges Verhalten kann eine Vertragsstrafe nach sich ziehen. Sieht der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag hingegen Vertragsstrafen für Pflichtverletzungen vor, zu denen der Arbeitnehmer nichts kann – etwa eine längere Krankheit –, sind sie nichtig. Damit der Arbeitgeber Vertragsstrafen einfordern kann, muss er zudem ein berechtigtes Interesse daran haben, weil ihm ein Schaden droht, dessen Höhe nur schwer zu beziffern wäre.

Vertragsstrafe Höhe: Was können Arbeitgeber fordern?

Die Höhe von Vertragsstrafen ist nicht verbindlich festgelegt. Welche Vertragsstrafen er im Arbeitsvertrag vorsieht, entscheidet jeder Arbeitgeber selbst. Mit seiner Unterschrift unter dem Arbeitsvertrag erklärt sich der Arbeitnehmer dazu bereit, bei bestimmten Vertragsverletzungen eine Vertragsstrafe in der genannten Höhe zu zahlen.

Meist entsprechen Vertragsstrafen einem Bruttomonatsgehalt. Sind sie höher, sind sie häufig unwirksam. Es steht dem Arbeitgeber frei, für verschiedene Sachverhalte unterschiedlich hohe Vertragsstrafen festzulegen. Für Vertragsverletzungen während der Probezeit können darüber hinaus niedrigere Vertragsstrafen vorgesehen sein.

Unwirksame Vertragsstrafen: Was gilt dann?

Angenommen, die Klausel, in der die Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag geregelt ist, ist unwirksam: Welche Folgen hat das? Es kann zum Beispiel sein, dass der Arbeitgeber zu viel Geld fordert. Ist die Höhe der Vertragsstrafe unverhältnismäßig, wird die Regelung insgesamt unwirksam. Das führt dazu, dass der Beschäftigte seinem Arbeitgeber gar keine Vertragsstrafe schuldet, auch wenn er seine Pflichten verletzt hat. Arbeitgeber dürfen die Vertragsstrafe im Zweifelsfall nicht so weit absenken, bis sie zulässig ist.

Zudem kommt es darauf an, ob sich die Vertragsstrafe auf Pflichten bezieht, die ihrerseits wirksam sind. Wenn der Arbeitsvertrag etwa ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vorsieht, könnte dieses für sich genommen unzulässig sein – zum Beispiel, weil keine Karenzentschädigung gezahlt werden soll. Ist die Grundlage einer Pflicht des Arbeitnehmers unwirksam, ist auch eine Vertragsstrafe, die sich darauf bezieht, nichtig.

Vertragsstrafe aus dem Arbeitsvertrag umgehen?

Vertragsstrafen sind für Arbeitnehmer ärgerlich, weil es in der Regel um einen nicht unwesentlichen Geldbetrag geht. Deshalb fragen sich viele Arbeitnehmer, ob sie eine Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag umgehen können. Dabei kommt es darauf an, ob die jeweilige Regelung überhaupt wirksam ist. Ist das nicht der Fall, droht auch keine Vertragsstrafe. Ob eine Klausel zu Vertragsstrafen juristisch haltbar ist, kann ein Fachanwalt für Arbeitsrecht einschätzen.

Eine wirksame Vertragsstrafe kann man nicht einfach umgehen. Es kann sich aber lohnen, mit dem Arbeitgeber zu sprechen. Wenn du deine Situation erklärst, kann es sein, dass der Arbeitgeber dir entgegenkommt. Das gilt besonders, wenn ihr euch schon länger kennt und er dich schätzt. Hast du gute Argumente, sieht der Arbeitgeber womöglich davon ab, die Vertragsstrafe auch tatsächlich einzufordern.

Vertragsstrafe Arbeitsvertrag: Muster-Formulierung

Damit du dir besser vorstellen kannst, wie eine Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag klingen könnte, findest du hier eine Muster-Formulierung. Typischerweise findet sich die Regelung zu Vertragsstrafen in einer eigenen Rubrik, die meist schlicht mit der Bezeichnung „Vertragsstrafen“ betitelt ist.

Für den Fall, dass der Arbeitnehmer die Beschäftigung nicht oder verspätet antritt, wird eine Vertragsstrafe an den Arbeitgeber fällig. Das gilt ebenso, wenn der Beschäftigte sich bei einer Kündigung nicht an die geltende Kündigungsfrist hält. Zugleich kann der Arbeitgeber eine Vertragsstrafe vom Arbeitnehmer fordern, wenn dieser seiner Pflicht zur Wahrung von Betriebsgeheimnissen nicht nachkommt.

In den genannten Fällen muss der Arbeitnehmer eine Vertragsstrafe in Höhe von einem Bruttomonatsgehalt zahlen. Während der Probezeit belaufen sich etwaige Forderungen des Arbeitgebers auf die Hälfte dieser Summe. Diese Regelung berührt nicht das Recht des Arbeitgebers, mögliche weitergehende Schadensersatzansprüche geltend zu machen.“

Bildnachweis: fizkes / Shutterstock.com


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