Mann sitzt bei Bewerbungsgespräch vor zwei Recruitern

Stressfragen im Vorstellungsgespräch: So meisterst du sie

Stressfragen im Bewerbungsgespräch können Bewerber unter Druck setzen – und das sollen sie auch. Für die Personalverantwortlichen geht es darum, Interessenten für eine freie Stelle auf den Zahn zu fühlen. Mit ein wenig Vorbereitung und der richtigen Herangehensweise kannst du Stressfragen im Vorstellungsgespräch gelassen entgegensehen.

Was sind Stressfragen im Vorstellungsgespräch?

Ist eine freie Stelle zu besetzen, steht für Verantwortliche in Unternehmen viel auf dem Spiel. Die falsche Entscheidung kann teuer sein und dazu führen, dass Potenzial ungenutzt bleibt. Umso wichtiger ist es, bei der Personalauswahl kritisch vorzugehen. Dabei können Stressfragen im Vorstellungsgespräch helfen.

Stressfragen sind Fragen, die für Bewerberinnen und Bewerber besonders herausfordernd sind. Sie können Bewerber unter Druck setzen, nervös machen und sie dazu verleiten, mehr über sich preiszugeben, als ihnen lieb ist. Um die Antwort geht es dabei meist gar nicht mal. Aussagekräftiger ist, wie die Kandidaten mit den Stressfragen im Bewerbungsgespräch umgehen. Bleiben sie gelassen und reagieren souverän? Oder lassen sie sich sichtlich aus der Ruhe bringen?

Stressfragen im Vorstellungsgespräch zeigen, wie Bewerber mit Druck umgehen. Die Reaktionen von Kandidaten lassen Rückschlüsse auf ihre Belastbarkeit, Flexibilität und Spontanität zu. Was jemand auf eine Stressfrage antwortet, verrät den Personalverantwortlichen mehr darüber, wie gut er sich im Griff hat und wie gut er Probleme lösen kann.

Stressfragen im Bewerbungsgespräch: Beispiele

Stressfragen im Vorstellungsgespräch können subtil sein oder offensichtlichen Druck auf Bewerber ausüben. So könnten sie zum Beispiel klingen:

  • Welche Eigenschaften finden Ihre Freunde an Ihnen nervig?
  • Sie haben ihr Studium nicht abgeschlossen. Waren Sie zu faul oder nicht diszipliniert genug?
  • Welcher Rückschlag hat Ihnen zuletzt zu schaffen gemacht?
  • Wo liegen Ihre Schwächen?
  • Warum sollten wir uns für Sie entscheiden?
  • Was war Ihr größter Misserfolg?
  • Warum hat sich Ihr Arbeitgeber von Ihnen getrennt?
  • Angenommen, Sie haben einen Kollegen, den Sie überhaupt nicht leiden können. Vielleicht kritisiert er Sie auch immer wieder in Teammeetings. Wie reagieren Sie?
  • Ihr beruflicher Weg weist ja die eine oder andere Lücke auf. Warum ist das so?
  • Wie verhalten Sie sich, wenn Sie im Job unzufrieden sind?
  • Sind Sie zu Überstunden bereit?
  • Was haben Sie Ihren Mitbewerbern voraus?
  • Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Vorgesetzte, mit der Sie überhaupt nicht klarkommen. Wie gehen Sie mit einer solchen Situation um?

Stressfragen im Vorstellungsgespräch: Warum sie bei Personalverantwortlichen beliebt sind

Bewerber hassen Stressfragen. Kein Wunder: Sie haben das Potenzial, einen Kandidaten schlecht dastehen zu lassen. Bewerber können dadurch ins Stottern kommen oder den Faden verlieren. Mit einer ungeschickten Antwort kann der ersehnte Job in weitere Ferne rücken.

Bei Personalverantwortlichen sind Stressfragen jedoch beliebt, und auch dafür gibt es gute Gründe.Leicht provokante oder unerwartete Fragen versetzen Bewerber in Stress. Was sie sagen, was ihre Körpersprache ausdrückt und wie sie allgemein mit einer solchen Frage umgehen, ist überaus aufschlussreich. Es vermittelt Personalern einen besseren Eindruck von einem Kandidaten als Person. Dadurch bekommen die Verantwortlichen ein detaillierteres Bild davon, mit wem sie es zu tun haben.

Der Umgang mit Stressfragen offenbart soziale Kompetenzen, Stärken und Schwächen von Kandidaten. Wie jemand mit schwierigen Fragen umgeht, zeigt auch, wie professionell er ist. Durch solche Einblicke können die Personalverantwortlichen besser einschätzen, welche Bewerberin oder welcher Bewerber auch persönlich zum Team und in die jeweilige Position passen könnte. Damit sorgen Stressfragen für eine bessere Entscheidungsgrundlage bei der Personalauswahl.

Auf Stressfragen im Vorstellungsgespräch vorbereiten

Stressfragen verlieren ihren Schrecken, wenn man als Bewerber darauf vorbereitet ist. Es kann schon helfen, damit zu rechnen, dass solche Fragen gestellt werden. Wichtig ist auch, ihren Zweck zu verstehen.

Es geht Personalverantwortlichen nicht darum, jemanden in die Ecke zu drängen oder gar persönlich fertigzumachen. Entscheidend ist für Personaler, obsich jemand stressen lässt oder nicht. Das heißt auch: Die Antwort ist inhaltlich oft gar nicht so wichtig. Das im Hinterkopf zu haben, kann sehr befreiend sein. Wenn man dir im Bewerbungsgespräch Stressfragen stellt, sollte es dir darum gehen, ruhig zu bleiben und eine Antwort zu geben, die zeigt, dass du gelassen bleibst, die Frage aber trotzdem ernst nimmst.

Um dich auf Stressfragen im Vorstellungsgespräch vorzubereiten, recherchiere gängige Stressfragen. Lerne das Spektrum kennen, das auf dich zukommen könnte. Überlege dir bei beispielhaften Fragen, wie du damit im Bewerbungsgespräch umgehen könntest. Du kannst auch mit Freunden üben. Ein Vorstellungsgespräch zu simulieren, kann zur Vorbereitung sehr nützlich sein, weil sich die Situation dann schon vertrauter anfühlt.

Überlege dir, an welchen Stellen du angreifbar bist. Hast du viele Lücken im Lebenslauf? Waren deine Jobs eher von kurzer Dauer? Oder hast du mehrfach den Studiengang gewechselt? Rechne damit, dass deine Gesprächspartner dich darauf ansprechen. Du musst deine Schwächen nicht alle in Stärken umdeuten, aber es hilft ungemein, wenn du es schaffst, bestimmten Situationen etwas Positives abzugewinnen.

Tipps zum Umgang mit Stressfragen

Stressfragen können Bewerber ganz schön unter Druck setzen. Regelrechte Angst muss man davor aber nicht haben. Wer weiß, wie er gelassen und souverän auf Stressfragen im Vorstellungsgespräch reagieren kann, kann eher einen kühlen Kopf bewahren – und einen besseren Eindruck hinterlassen.

Ruhig bleiben

Stress ist nicht nur ein Gefühl, sondern auch eine körperliche Reaktion. Wenn dein Körper in Stress gerät, fällt es dir schwerer, nachzudenken. Deshalb ist es wichtig, dass du deinem Körper signalisierst, dass alles in Ordnung ist. Das kannst du tun, indem du tief durchatmest. Besonders wichtig ist eine längere Ausatmung. Das aktiviert den Parasympathikus, der für Entspannung und Erholung sorgt. Die Herzfrequenz sinkt ebenso wie die Stresshormone Adrenalin und Cortisol.

Genau hinhören

Um eine gute Antwort geben zu können, musst du wissen, wie die Frage lautet. Das klingt nach einer Selbstverständlichkeit, doch selbst Bewerber, die ihren Gesprächspartnern eigentlich zuhören (wollen), hängen manchmal eigenen Gedanken nach. Achte darauf, dass du alles Wichtige erfasst und die Frage richtig verstehst. Im Zweifel ist es besser, nachzufragen, was genau gemeint ist. 

Ehrlich antworten

Personalverantwortliche, die Stressfragen stellen, möchten Bewerberinnen und Bewerber damit besser kennenlernen. Aus diesem Grund ist eine ehrliche, authentische Antwort gefragt. Sei du selbst und zeige mehr von deiner Persönlichkeit. Das ist im Zweifel wichtiger als die (vermeintlich) perfekte Antwort zu geben.

Humor zeigen

Bist du ein humorvoller Mensch? Prima, dann kannst du das bei Stressfragen im Bewerbungsgespräch zu deinen Gunsten nutzen. Mit einem harmlosen Witz oder einem lustigen Kommentar kannst du die Stimmung auflockern. Das trägt nicht nur zu einer angenehmen Atmosphäre bei, es kann auch Nähe erzeugen. Außerdem ist es ein Zeichen für emotionale Intelligenz und Selbstbewusstsein, wenn du bei Stressfragen so cool bist, dass du Witze machen kannst. Aber Vorsicht: Es sollte wahrscheinlich sein, dass deine Gesprächspartner deinen Humor tatsächlich lustig finden.

Auf eigene Stärken eingehen

Viele Bewerber haben bei Stressfragen vor allem ein Ziel: sich nicht blamieren. Sie wollen nicht die „falsche“ Antwort geben oder blöd dastehen, weil ihnen nichts einfällt. Es ist aber nicht sinnvoll, einfach nur irgendwie zur nächsten Frage kommen zu wollen. Damit würdest du Potenzial verschenken. Du kannst Stressfragen zum Anlass nehmen, auf deine Stärken zu sprechen zu kommen. Damit das spontan klappt, ist es wichtig, dich im Vorfeld mit deinen Stärken, Erfolgen und Errungenschaften auseinanderzusetzen.

Vorstellungsgespräch: Stressfragen und mögliche Antworten

Stressfragen können ganz unterschiedlich klingen. Sie zielen aber immer darauf ab, Druck zu erzeugen – die Personalverantwortlichen wollen wissen, ob Bewerber trotzdem gelassen bleiben. Zur Vorbereitung auf Stressfragen im Vorstellungsgespräch kann es hilfreich sein, sich Antworten auf mögliche Fragen zurechtzulegen. Die folgenden Fragen und Antworten können dir dabei helfen.

Frage: „Sie waren in den letzten Jahren ja selten lange bei einem Arbeitgeber. Woran lag das?“

Mögliche Antwort: „Das hatte unterschiedliche Gründe. In einem Fall haben sich meine privaten Umstände so verändert, dass ich in eine andere Stadt ziehen musste. Zwei Jobs bezogen sich auf Projekte mit einer festen Laufzeit. Die kurzen Zugehörigkeiten waren vielleicht nicht ideal, hatten aber auch ihre Vorteile. Durch die häufigen Wechsel bin ich noch besser darin geworden, mich schnell an veränderte Gegebenheiten anzupassen.“

Frage: „Was würde Ihre ehemalige Chefin über Sie sagen?“

Mögliche Antwort: „Hoffentlich nur Gutes! Im Ernst, ich glaube, sie war mit meiner Arbeit zufrieden. Sie hat mir öfter zu verstehen gegeben, dass sie mein Engagement sehr schätzt. Ich habe meinerseits das vertrauensvolle Miteinander immer als sehr positiv empfunden.“

Frage: „Stellen Sie sich vor, Sie bekommen den Job, stellen aber schnell fest, dass er ganz anders ist, als Sie dachten. Was tun Sie in einer solchen Situation?“

Mögliche Antwort: „Jede Veränderung braucht Zeit. Ich würde mir in den ersten Wochen gar kein Urteil darüber erlauben, ob der Job passt oder nicht. Ich bin ein Mensch, der die Dinge erst mal auf sich zukommen lässt. Stelle ich später fest, dass es wirklich ein Problem gibt, würde ich zuerst gucken, was ich selbst verändern kann, um die Situation zu verbessern. Klappt das nicht, würde ich das Gespräch mit einem Vorgesetzten suchen, um gemeinsam eine Lösung zu finden.“

Frage: „Nehmen wir an, Sie haben einen Kollegen, der Ihnen tierisch auf die Nerven geht, mit dem Sie aber eng zusammenarbeiten müssen. Wie kann das klappen?“

Mögliche Antwort: „Ich bin jemand, der sich gut beherrschen kann. Ich trage meine Gefühle nicht auf der Zunge. Wenn mich wirklich jemand nervt, kann ich das gut verbergen. Es würde mich auch nicht daran hindern, mit dieser Person professionell zusammenzuarbeiten.“

Frage: „Warum sollten wir uns ausgerechnet für Sie entscheiden, obwohl Sie Ihr Studium abgebrochen haben?“

Mögliche Antwort: „Dass ich mein Studium abgebrochen habe und trotzdem vor Ihnen sitze, zeigt, dass ich die nötigen Kompetenzen mitbringe. Es mag mir an formalen Qualifikationen mangeln, die mache ich aber durch mein Engagement und meine Stärken wett. Fragen Sie nur meinen letzten Arbeitgeber – der war nicht erfreut, als ich gekündigt habe.“ 

Diese Fehler solltest du im Umgang mit Stressfragen vermeiden

Wenn dir Stressfragen im Bewerbungsgespräch gestellt werden, ist es wichtig, dass du bestimmte Fehler im Umgang damit vermeidest.

Nimm die Frage nicht persönlich. Niemand will dich als Mensch ärgern oder zeigen, dass er dich nicht mag. Wenn du die Frage persönlich nimmst oder dich angegriffen fühlst, reagierst du womöglich beleidigt oder distanziert. Beides ist nicht förderlich, wenn es darum geht, im Vorstellungsgespräch einen guten Eindruck zu machen. Deine Gesprächspartner wollen einfach nur testen, wie leicht sie dich stressen können – deine Aufgabe ist es, zu zeigen, dass du dich nicht so leicht aus der Ruhe bringen lässt.

Weiche der Frage nicht aus. Die Frage nach den eigenen Schwächen beispielsweise mit „meine Schokoladensucht“ zu beantworten, ist nur vermeintlich clever. Die Personalverantwortlichen können sich dadurch leicht verschaukelt fühlen. Antworte also in einer Art und Weise, die zeigt, dass du der Frage nicht ausweichst.

Richte den Fokus nicht zu sehr auf deine Makel und Schwächen. Ja, Ehrlichkeit ist gut im Vorstellungsgespräch, weil du dann authentischer wirkst. Das heißt aber nicht, dass du lang und breit über die Dinge reden solltest, die du nicht gut kannst oder an denen es dir mangelt. Du kannst ruhig zugeben, dass hier und da noch Luft nach oben ist. Dann solltest du den Fokus aber schnell wieder auf die Dinge lenken, die für dich sprechen.

Antworte nicht unüberlegt. Stressfragen haben den Zweck, Bewerberinnen und Bewerber aus der Reserve zu locken. Unüberlegte Antworten können einen schlechten Eindruck hinterlassen. Nimm dir die nötige Zeit, um einmal kurz durchzuatmen und dir eine gute Antwort zurechtzulegen.

Rede nicht schlecht über andere. Eine Grundregel für das Vorstellungsgespräch lautet: Lästere nicht über andere. Egal, ob es um einen früheren Arbeitgeber oder deine nervigen Kollegen im letzten Job geht – es wirkt einfach unprofessionell, wenn du schlecht über andere sprichst. Wenn du nichts Gutes zu sagen hast, lenke das Gespräch auf ein anderes Thema. Wenn deine Gesprächspartner das nicht zulassen, kannst du allgemein bleiben. Sagen wir, du wirst gefragt, warum du deinen Job gekündigt hast. Du möchtest nicht sagen, dass du mit deinem Chef nicht klargekommen bist. Dann könnte deine Antwort lauten: „Mein Chef und ich hatten in bestimmten Dingen unterschiedliche Ansichten.“ Auch kleine Notlügen können erlaubt sein, zum Beispiel: „Ich habe in diesem Job viel gelernt, war aber bereit für eine neue Herausforderung.“

Bildnachweis: fizkes / Shutterstock

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