Mehrere Arbeiter bei einem Streik

Streik: Das solltest du über Warnstreiks wissen

Wenn du in einer Gewerkschaft bist und bessere Arbeitsbedingungen für dich und deine Kollegen aushandeln möchtest, kann es gut sein, dass du mit einem Streik konfrontiert wirst. In diesem Fall ruft deine Gewerkschaft ihre Mitglieder zu einem Warnstreik auf und die Arbeit wird für einen gewissen Zeitraum niedergelegt. Rechtlich sind solche Arbeitskämpfe, wie der Streik auch genannt wird, erlaubt, wenn sich die Gewerkschaften an die dann geltenden Regeln halten. Auch du hast während eines Arbeitskampfes Rechte und Pflichten. Diese solltest du gut kennen, um dich bei einem Streik richtig zu verhalten.

Streik im Arbeitsrecht: Was ist ein Warnstreik?

Zu einem Warnstreik kommt es, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer während laufender Tarifverhandlungen nicht einigen können. Streitthemen sind in den meisten Fällen Lohnforderungen oder Arbeitszeiten.

Die Arbeitnehmer werden durch Gewerkschaften vertreten, die zum Streik aufrufen. In diesem Fall legen die Beschäftigten die Arbeit für einen kurzen Zeitraum nieder. Damit erhöhen sie den Druck auf ihre Arbeitgeber. Wenn die Beschäftigten streiken, dann stehen für eine gewisse Zeit die Maschinen im Werk still, Telefone werden nicht mehr bedient und Flugzeuge bleiben am Boden. Die Streikenden gehen auf die Straße, um ihre Forderungen öffentlich zu machen. Auf Kundgebungen werden diese Forderungen anschließend von den Gewerkschaftsspitzen bekräftigt.

Aber auch die Arbeitgeber haben Möglichkeiten, auf den Streik ihrer Mitarbeiter zu reagieren: Sie können ihre Mitarbeiter bei einem Streik aussperren, sie also nicht mehr an ihren Arbeitsplatz lassen.

1873: vom Streik zum ersten Flächentarifvertrag

Wie kommt es aber dazu, dass Mitarbeiter streiken, um für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen? Die meisten Experten gehen davon aus, dass der Streik im 19 Jahrhundert seinen Anfang genommen hat. Und zwar mit dem Streik der Buchdrucker im Jahr 1873. Mit dem Ergebnis, dass sich die Buchdrucker nach ihrem Streik über den ersten Flächentarifvertrag in Deutschland freuen konnten. Doch dafür war einiges an Einsatz nötig, denn monatelang hatten die Drucker für bessere Bezahlung, das Recht auf Mindestlohn, Kündigungsfristen und Überstundenzuschläge gekämpft.

Die Buchdrucker waren scheinbar ein Vorbild für andere unzufriedene Arbeiter: 26 Jahre später gingen in Deutschland rund 90.000 Beschäftigte im Bergbau auf die Straße. Elf Tote und knapp 25 Verwundete waren der Preis des Streiks, den die Bergarbeiter für bessere Arbeitsbedingungen zahlen mussten. Im Zuge dieses blutigen Arbeitskampfes bildeten sich die ersten Gewerkschaften.

Mittlerweile verzeichnen die DGB-Gewerkschaften eine Mitgliederzahl von 5,73 Millionen Beschäftigten. Allerdings mit einem Trend nach unten: Vor zehn Jahren waren 6,16 Millionen Menschen unter dem Dach des Deutschen Gewerkschaftsbundes organisiert.

Die meisten Streiktage der jüngeren Vergangenheit gab es 2015 mit durchschnittlich 28,2 Ausfalltagen. In diesem Jahr gab es einen großen Streik im öffentlichen Dienst: ein ver.di Streik, durch den eine verbesserte Einkommenssituation von Erzieherinnen und Erziehern erreicht wurde.

Was ist der Unterschied zwischen einem Streik und einem Warnstreik?

Im Alltag wird zwar oft einfach von einem Streik gesprochen, doch es gibt einen deutlichen Unterschied zwischen Streik und Warnstreik: Während laufender Tarifverhandlungen kommt es zunächst oft zu Warnstreiks. Solange der Tarifvertrag noch gilt, darf die Gewerkschaft nicht zu einem Warnstreik aufrufen. Sie würde in diesem Fall die Friedenspflicht verletzen.

Ein richtiger Streik erfolgt erst dann, wenn die Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern als gescheitert erklärt werden. Genauso kann es zu einem Streik kommen, wenn sich die Arbeitgeberseite vehement weigert, Verhandlungen mit der Arbeitnehmerseite aufzunehmen. Der sich daran anschließende Erzwingungsstreit dauert so lange, bis die Arbeitnehmerseite ihre Ziele durchgesetzt hat. Er ist zeitlich also unbefristet.

Arbeitnehmer können aber nicht ohne weiteres die Arbeit niederlegen: Bevor es zum Streik kommt, braucht es zunächst einen Streikbeschluss. Dieser ist erreicht, wenn bei der sogenannten Urabstimmung 75 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder einen Streik befürworten. Anschließend ruht das Arbeitsverhältnis für die Dauer des Streiks.

Wann ist ein Streik erlaubt?

Damit der Streik gerechtfertigt ist, müssen bestimmte Kriterien eingehalten werden. Ein Streik ist dann rechtmäßig, wenn

  • der Tarifvertrag endet,
  • vorherige Tarifverhandlungen ergebnislos verliefen,
  • der Arbeitgeber Mitglied in einem Arbeitgeberverband ist (Pflicht zur Tarifbindung),
  • die zuständige Gewerkschaft zum Streik aufruft,
  • ein Streikbeschluss nach Urabstimmung vorliegt
  • und die Friedenspflicht nach Ablehnung eines Schlichtungsspruchs endet.

Wer darf an einem Streik teilnehmen?

Streiken dürfen im Grunde alle Arbeitnehmer in Deutschland – bis auf Beamte. Voraussetzung: Der Streik muss von einer Gewerkschaft initiiert werden. Laut Artikel 9 des Grundgesetzes darf zur „Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen“ die Arbeit niederlegt werden. Dabei ist es unerheblich, oft du Mitglied einer Gewerkschaft bist oder nicht. Beachten solltest du jedoch, dass sogenannte „wilde Streiks“ verboten sind. Mit diesem Begriff bezeichnet man Streiks, die nicht von einer Gewerkschaft organisiert werden.

Streiken darfst du auch, wenn du noch in der Ausbildung bist. Voraussetzung ist jedoch, dass du an einem legalen Streik teilnimmst. Das Recht auf Streik gilt auch dann für dich, wenn du ein Praktikum machst oder als Leiharbeiter arbeitest.

Bei einem befristeten Arbeitsverhältnis hast du ebenfalls ein Streikrecht. Dein Arbeitgeber darf dir nicht drohen, deinen Vertrag nicht zu verlängern, solltest du an einem Arbeitskampf teilnehmen. Allerdings bist du mit einem befristeten Vertrag in einer deutlich schlechteren Position als Kollegen mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag. Schließlich muss dein Arbeitgeber deinen Vertrag nicht verlängern. In dieser Situation solltest du also gut abwägen und dich bei Bedarf vom Betriebsrat beraten lassen.

Um den Überblick über das vielfältige Vokabular zum Thema Streik nicht zu verlieren, hier eine Zusammenfassung der verschiedenen Begriffe:

Streikformen in Deutschland
Warnstreik: Befristete Arbeitsniederlegung während der Tarifverhandlung, mit der Arbeitnehmer ihren Forderungen Nachdruck verleihen.
Generalstreik: Bei dieser Streikform gehen nicht nur Mitglieder einzelner Gewerkschaften auf die Straße, sondern alle Arbeitnehmer in Deutschland.
Solidaritätsstreik: Hier bekunden Arbeitnehmer ihre Solidarität mit den Forderungen anderer Streikender. Diese Sonderform des Streiks ist im Grunde verboten, es gibt jedoch Ausnahmen.
Vollstreik: Bei einem Vollstreik legen alle gewerkschaftlichen Interessenvertretungen eines Wirtschaftsbereichs die Arbeit nieder.

Streik und Gehalt: Deine Gewerkschaft zahlt für Mitglieder

Während eines Streiks hast du keinen Anspruch auf Lohn oder Gehalt, schließlich erbringst du während dieses Zeitraums keine Arbeitsleistung. Somit muss dein Arbeitgeber auch kein Geld zahlen. Während eines Streiks ruhen damit die Pflichten des Arbeitnehmers und auch die des Arbeitgebers. Damit du aber trotzdem an einem Streik teilnehmen kannst, ohne Angst zu haben, deine Miete und die übrigen Lebenshaltungskosten nicht zahlen zu können, springt die Gewerkschaft ein. Wenn du Mitglied einer Gewerkschaft bist, zahlt sie für den Zeitraum des Streiks das sogenannte Streikgeld. Vorteil: Lohnsteuer musst du darauf nicht entrichten.

Du bekommst jedoch nicht dein volles Gehalt für die Dauer des Streiks: Durchschnittlich sind es zwei Drittel deines Bruttogehalts. Mit dieser Summe sollen die Mitglieder bei einem Streik finanziell unterstützt werden.

Gleichzeitig sorgen die Gewerkschaften dafür, dass sich möglichst viele Beschäftigte am Streik beteiligen. Wie hoch das Streikgeld für dich ausfällt, kannst du in der Satzung deiner Gewerkschaft nachlesen. Falls du während eines Streiks krank wirst, zahlt auch dein Arbeitgeber nicht die übliche Lohnfortzahlung. Stattdessen gibt es für gesetzlich Versicherte Krankengeld. In diesem Fall musst du das Streikbüro informieren.

Muss ich Konsequenzen fürchten, wenn ich streike?

Bei einem rechtmäßigen Streik musst du keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen fürchten. Dein Arbeitgeber darf dir nicht kündigen, wenn du dich an einem Streik beteiligst. Es besteht Kündigungsschutz im Rahmen des Arbeitnehmerschutzes. Rechtlich handelt es sich bei einem legalen Arbeitskampf um ein ruhendes Arbeitsverhältnis.

Ist der Streik unrechtmäßig, liegt die Sache anders: In diesem Fall darf dich dein Arbeitgeber abmahnen oder dir sogar die Kündigung aussprechen.

Umgekehrt kannst du als „Streikbrecher“ gelten, wenn du am Arbeitskampf nicht teilnimmst, obwohl du gewerkschaftlich organisiert bist. In diesem Fall machst du dich bei deinen Kollegen unbeliebt. Auch deine Gewerkschaft kann dir bei einem Streikbruch möglicherweise die Mitgliedschaft kündigen. Grundsätzlich gibt es jedoch keine Verpflichtung zum Streik.

Wie läuft ein Streik ab?

Ein rechtmäßiger Streik gliedert sich in der Regel in fünf Phasen:

  1. Phase: In der ersten Phase versucht eine Schlichtungskommission eine Einigungsempfehlung zu erarbeiten. Zwei Schlichter bilden die Spitze des Gremiums. Einen stellt die Gewerkschaft, den anderen die Arbeitgeber. Am Ende steht der Schiedsspruch: Die Arbeitgeber machen ein Angebot, das akzeptiert wird oder nicht.
  2. Phase: Kommt es zu keiner Einigung, ruft die Gewerkschaft in der zweiten Phase zur Urabstimmung auf.
  3. Phase: In der dritten Phase legen die Beschäftigten die Arbeit nieder.
  4. Phase: In der vierten Phase setzen sich die Arbeitgebervertreter wieder an einen Tisch mit der Gewerkschaft. Die Parteien versuchen erneut, eine Lösung herbeizuführen.
  5. Phase: In der fünften Phase haben sich die Parteien geeinigt. Wenn 75 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder das Ergebnis ablehnen, wird weiter gestreikt. Ansonsten wird der Streik beendet.

Bildnachweis: David Tadevosian / Shutterstock.com


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