Ein Anker am Strand, was ist der Ankereffekt?

Ankereffekt: So hilft er dir im Job

Der Ankereffekt gehört zu den kognitiven Verzerrungen, die unser Leben beeinflussen. Was sich hinter dem Effekt verbirgt und wie du ihn für deinen Alltag nutzen kannst, verraten wir jetzt.

Ankereffekt Definition: Das versteht man darunter?

Der Ankereffekt, auch als Ankerheuristik oder auf Englisch anchoring effect, anchor-effect oder anchoring bezeichnet, ist ein Phänomen aus der Psychologie. Genauer gesagt aus der Kognitionspsychologie. Die beiden US-amerikanischen Psychologen Daniel Kahnemann und Amos Tversky beschrieben die kognitive Verzerrung bereits in den 1960er Jahren.

Wie andere kognitive Verzerrungen, beispielsweise der Halo-Effekt oder die Confirmation Bias, führt auch der Ankereffekt dazu, dass wir uns durch das Phänomen unbewusst bei unseren Entscheidungen beeinflussen lassen.

Beim Ankereffekt beruht die Beeinflussung darauf, dass wir uns bei der Entscheidung an einer Zahl orientieren, die wir zuvor gehört haben. Und zwar einer vollkommen beliebigen Zahl.

Beispiel für den Ankereffekt

Der Preis, den wir bereit sind, für eine Flasche guten Rotwein zu zahlen, hängt aufgrund des Anchoring zum Beispiel davon ab, ob wir kurz davor eine hohe oder niedrige Zahl gehört haben. Wenn wir, bevor wir in ein Weingeschäft gehen, mit einer hohen Zahl konfrontiert werden, sind wir automatisch bereit, für den Wein mehr zu zahlen.

Zu diesem Ergebnis kam der Verhaltensökonom Dan Ariel vor einigen Jahren mit Hilfe eins einfachen Experiments. In diesem wurden die Weinflaschen nicht verkauft, sondern versteigert. Vor der Auktion sollten die Teilnehmer die letzten beiden Ziffern ihrer Sozialversicherungsnummer auf einem Blatt Papier notieren.

Das Ergebnis: Diejenigen Probanden, die sich eine hohe Zahl notierten, waren bei der anschließenden Auktion bereit, einen höheren Preis zu zahlen als diejenigen Teilnehmer, die zwei relativ kleine Ziffern aufgeschrieben haben.

Neben diesem Experiment gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Beispiele, die den Ankereffekt belegen. Sie alle kommen zu einem ähnlichen Ergebnis. Nämlich, dass wir uns einen Bezugspunkt, einen Anker suchen, wenn wir eine Entscheidung treffen müssen.

Ob es sich dabei um den Preis für ein Stück Käse im Supermarkt, das neue Auto oder die Gehaltsverhandlung handelt, spielt zunächst keine Rolle. Wir sind ständig auf der Suche nach einem Anhaltspunkt. Daher wird der Ankereffekt auch Ankerheuristik genannt. Denn Heuristik meint nichts anderes, als dass wir uns bei dem anstehenden Entschluss von einer Faustformel leiten lassen.

Der Ankereffekt im Alltag

Wenn wir im Alltag Dinge kaufen oder den Wert einer Sache beurteilen müssen, nutzen wir gerne diese kleine Denkhilfe. Denn gerade im stressigen Alltagsleben muss es schnell gehen, da haben wir meist keine Zeit, jede noch so kleine Entscheidung von A bis Z zu durchdenken. Der Ankereffekt oder andere Denkroutinen kommen da gerade recht.

Wer zum Beispiel gewohnt ist, seine Brezeln im Supermarkt für 50 Cent das Stück zu kaufen und sonntags beim Bäcker drei Euro für das Laugengebäck zahlen soll, wird sicherlich stutzen. Grund dafür ist der Ankereffekt. Da wir wissen, dass wir normalerweise deutlich weniger für eine Brezel zahlen, kommt uns der Preis beim Bäcker unverhältnismäßig hoch vor.

So verfahren wir mit vielen anderen Dingen in unserem Alltag auch. Und das hat einen Vorteil. Denn durch den Referenzpreis für Brezeln aus dem Supermarkt werden wir vermutlich weniger Brezeln beim Bäcker kaufen – und daher nicht ganz so viel Geld ausgeben.

Auf der anderen Seite kann uns der Ankereffekt im Alltag aber auch dazu verleiten, mehr zu zahlen, als wir eigentlich vorhatten. Klassisches Beispiel dafür: die Aufschrift „reduziert“. Wenn Artikel sogar um sagenhafte 50 Prozent reduziert sind, lassen wir uns dazu verleiten, mehr einzukaufen, als wir brauchen.

Der Ankereffekt im Job

Du merkst es vielleicht schon: Der Ankereffekt ist ein tolles Tool für Preisverhandlung. Damit kann er dir auch in deinem Joballtag helfen. Denn sicherlich wirst du hin und wieder mit deinem Chef über eine Gehaltserhöhung sprechen. Wenn du dann das Anchoring geschickt einsetzt, kannst du unter Umständen mehr für dich herausholen.

Ankereffekt nutzen

Wichtig ist zunächst, dass du die erste Person bist, die im Gespräch den Preis nennt. Denn wie wir gelernt haben, orientieren wir uns ganz unbewusst an einer Zahl, die wir kurz zuvor gehört haben.

Wir lassen uns auch dann von dem Effekt beeinflussen, wenn die Zahl vollkommen willkürlich ist. Du könntest beispielsweise sagen, dass du gerne ein Jahresgehalt von 100.000 Euro hättest – und dann deine Aussagen relativieren oder deutlich machen, dass dir klar ist, dass ein derartiges Spitzengehalt ein frommer Wunsch bleiben wird.

Trotzdem wird diese Zahl als Anker bei deinem Chef im Kopf bleiben und die weitere Gehaltsverhandlung beeinflussen. Jedoch hat die Sache einen Haken: Dein Chef wird sich vor dem Gespräch ebenfalls Gedanken darüber gemacht haben, wie viel Gehalt er dir zukünftig zahlen möchte. Du kämpfst also gegen diesen Anker an, bevor du die Chance hast, deine Gehaltsvorstellung zu äußern.

Umso wichtiger ist es, dass du dein Wunschgehalt zuerst äußerst. Denn ansonsten setzt dein Arbeitgeber auch noch den Rahmen für die nun folgende Verhandlung, indem er als Erster das Gehalt nennen darf.

Gehaltserhöhung in Prozent angeben

Sollte dein Chef dir trotz deiner Anstrengungen zuvorkommen, kannst du zu einem weiteren Trick greifen: Formuliere die von dir angepeilte Gehaltserhöhung in Prozent. Der Grund liegt wiederum im Ankereffekt. Eine Gehaltserhöhung von 5 Prozent klingt geringer als ein Wunsch nach 10.000 Euro mehr im Jahr.

Die niedrigere Zahl ruft in ihm nicht sofort eine so heftige Abwehrreaktion hervor, wie es die 10.000 Euro tun würden. Daher könntest du auch mit diesem Vorgehen eher eine Chance auf Erfolg haben – ein weiteres Beispiel, wie dir die Ankerheuristik im Job helfen kann.

Bildnachweis: sap-snap / Shutterstock.com


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