Ein Mann versucht durch Angeln seine Geduld zu verbessern

Geduld: Ihre positiven Auswirkungen auf Privatleben und Karriere

Geduld gilt als Tugend – und das vermutlich zu Recht. Denn Geduld bedeutet mehr, als stoisch auf das Eintreffen des immer verspäteten Freundes zur Verabredung zu warten. Tatsächlich haben Menschen, die geduldig sind, häufig eine andere Einstellung zum Leben, die sie erfolgreicher macht. Studien deuten darauf hin, dass diese Zeitgenossen nicht nur über eine größere Impulskontrolle verfügen, sondern auch bessere und erfülltere Beziehungen zu anderen Menschen haben und eher Karriere machen. Grund genug, sich mit dem Thema Geduld zu befassen. Zusätzlich bekommst du von uns noch einige Tipps an die Hand, wie du die Tugend erlernen und trainieren kannst.

Definition: Was versteht man unter Geduld?

Es gibt unterschiedliche Definitionen, was unter Geduld zu verstehen ist. Eine allgemeingültige gibt es jedoch nicht. Der Duden zum Beispiel beschreibt die Geduld als „Ausdauer im ruhigen, beherrschten, nachsichtigen Ertragen oder Abwarten von etwas.“

Und damit sind wir schon ziemlich nah an der Bedeutung, die die meisten von uns wohl mit Geduld oder geduldigen Menschen verbinden. Wer geduldig ist, dem fällt es leicht, auf bestimmte Dinge zu warten, ohne sich zu ärgern oder andere negative Gefühle zu verspüren.

Vielleicht lässt sich Geduld daher am besten anhand eines Beispiels definieren: Die Bahn hat Verspätung. Geduldige Menschen würden vermutlich dem Impuls nicht nachgeben, sich über die Ansage am Bahnsteig zu ärgern. Sie wissen nämlich, dass dadurch die Bahn auch nicht schneller kommen wird. Im Gegenteil, wer sich über die Verspätung ärgert, wird sich vermutlich den halben oder gar ganzen Tag ruinieren.

Denn häufig bleibt es nicht nur bei dem kurzen Ärger über die Verspätung. Schließlich sind davon auch alle anderen Termine am Tag betroffen, was dazu führt, dass der Zeitdruck immer größer wird. Und wäre das nicht schon schlimm genug, kostet die Verspätung einen Teil der Freizeit, die man eigentlich schon anderweitig verplant hatte. Die Folge ist nicht nur eine kurzfristige Verstimmung, sondern schlechte Laune.

Synonyme für Geduld sind zum Beispiel:

  • Selbstkontrolle
  • Frustrationstoleranz
  • Ausdauer
  • Gelassenheit
  • Durchhaltevermögen
  • Sanftmut
  • Nachsicht
  • Friedfertigkeit

Geduld ist eine Tugend

Geduldige Menschen dagegen akzeptieren die Tatsachen, die sie nun einmal nicht ändern können. Natürlich sind wahrscheinlich auch die geduldigen Zeitgenossen von der abermaligen Verspätung der Bahn genervt. Im Unterschied zu den ungeduldigen Menschen lassen sie sich davon aber nicht den weiteren Tagesablauf ruinieren. Und genau an dieser Stelle zeigt sich ein besonderes Merkmal der Geduld: Menschen, die über diese Tugend verfügen, wischen die negativen Emotionen schnell weg ohne einen übermäßigen Groll zu entwickeln.

Geduld: Das macht sie aus

Das nachsichtige Warten, ohne einen Wutanfall zu erleiden, ist aber nur ein Aspekt der Geduld. In der Psychologie und Ökonomie wird immer wieder auch ein weiterer Gesichtspunkt der Geduld genannt: Der bewusste Verzicht auf eine Belohnung in der Gegenwart, um damit ein bestimmtes (größeres) Ziel in der Zukunft zu erreichen.

Beispiel: Wer während seines Studiums auf lange Semesterferien verzichtet und stattdessen ein Praktikum absolviert, wird es nach seinem Abschluss auf dem Arbeitsmarkt vermutlich leichter haben.

Tatsächlich ist aber auch das noch nicht alles, was die Geduld ausmacht. Um die weitreichenden positiven Folgen der Geduld näher zu skizzieren, schauen wir uns einen Klassiker der Psychologie näher an: der sogenannte Marshmallow-Test.

Marshmallow-Test als Indikator für Geduld

Dieser Test, der mittlerweile in vielen Abwandlungen bekannt ist und sogar zu Werbezwecken eingesetzt wird, geht auf den Psychologen Walter Mischel zurück. Gemeinsam mit einigen Kollegen führte er in den Jahren von 1968 bis 1974 an der US-amerikanischen Universität Standort den berühmt gewordenen Marshmallow-Test durch.

Der Versuchsaufbau ist dabei denkbar einfach:

Kinder im Alter zwischen vier und sechs Jahre wurden in ein Zimmer gerufen, in dem sich auf einem Tisch ein Marshmallow befand. Die Kinder sollten sich dann auf einen Stuhl direkt vor die Süßigkeit setzen. Dann sagte der Erwachsene, der den Versuch durchführte, dass sie nun die Wahl hätten: Entweder sie essen das Marshmallow sofort oder sie warten, bis er wieder den Raum betritt. Wenn sie warten würden, bekämen sie noch ein weiteres Marshmallow als Belohnung.

Zunächst wollten die Psychologen mit dem Test also untersuchen, wie ausgeprägt die Fähigkeit zum Aufschub von Bedürfnissen und damit die Selbstkontrolle bei den teilnehmenden Kindern war.

Interessanterweise zeigte sich einige Jahre später, als die Kinder noch einmal eingeladen wurden, erstaunliche Ergebnisse: Die Kinder, die bei dem Marshmallow-Test warten könnten, waren später erfolgreicher als diejenigen, die das Marshmallow sofort gegessen haben.

Die Fähigkeit zur Geduld schien auch mit dem Risikoverhalten zusammenzuhängen. Die Kinder, die sich geduldig zeigten, hatten es im späteren Leben auch auf sozialer Ebene leichter. Sie hatten weniger Beziehungsprobleme und waren weniger häufig suchtgefährdet.

Die Vorteile der Geduld

Die Fähigkeit, unmittelbare Belohnungen aufschieben zu können, scheint eine ganze Reihe weiterer positiver Eigenschaften nach sich zu ziehen:

  • Personen, die geduldig sind, verfügen häufig auch über eine höhere Frustrationstoleranz.
  • Diese Menschen sind außerdem eher sozial kompetent und emotional stabil.
  • Da sie über diese Eigenschaften verfügen, haben sie in der Regel weniger Konflikte mit anderen Menschen.
  • Geduldige Menschen scheinen eher in der Lage zu sein, Aufgaben zu priorisieren und irrelevante Dinge auszublenden.
  • Sie sind eher fähig, Ruhe zu bewahren und gut durchdachte Entscheidungen zu treffen.
  • Menschen, die über ein gutes Durchhaltevermögen verfügen, sind außerdem häufig gebildeter als ungeduldigere Personen. Da sie in der Lage sind, langfristige Ziele zu verfolgen, sind sie eher in der Lage, eine Ausbildung oder ein mehrjähriges Studium abzuschließen.

Geduld erlernen: Mit diesen Tipps kann es gelingen

Geduld hat also eine ganze Menge Vorteile, angefangen bei erfüllteren Beziehungen zu unseren Mitmenschen bis hin zu besseren Karrierechancen. Glücklicherweise ist Geduld nur teilweise in der Kindheit erlernt. Ein guter Teil kann auch noch im Erwachsenenalter erlernt und/oder weiter ausgebaut werden.

So kannst du geduldiger werden:

  1. Schreib auf, wann du ungeduldig wirst: Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung – dieses Bonmot gilt auch für deine Geduld. Wenn du lernen möchtest, geduldiger zu reagieren, solltest du zunächst wissen, wann du besonders schnell ungeduldig wirst. Das geht am einfachsten, wenn du diese Momente notierst. Dazu kannst du zum Beispiel dein Smartphone nutzen oder ganz klassisch zu Stift und Notizblock greifen. Schreib auf, was dich besonders aufregt, wie du reagierst, warum dich die Situation besonders nervös machst und wie du dich danach fühlst. Je häufiger du solche Dinge aufschreibst und vor allem später analysierst, umso besser lernst du dich selbst und deine Ungeduld kennen. Und genau an diesem Punkt kannst du ansetzen.
  2. Verspätungen und Wartezeiten nicht als Aufreger empfinden: Weiter oben haben wir schon beschrieben, dass viele Menschen dann ungeduldig oder gar wütend werden, wenn sie lange auf die verspätete Bahn warten müssen. Auch Wartezeiten beim Arzt oder lange Schlangen an der Supermarktkasse sind typische Beispiele, die unseren Geduldsfaden leicht zum Reißen bringen können. Eine gute Übung und damit gleichzeitig ein Training für mehr Geduld ist es, diese Wartezeiten eben nicht als Grund zur Aufregung zu sehen. Versuche stattdessen, diese Zeit sinnvoll zu nutzen. Das klingt zunächst vielleicht schwierig, ist aber machbar.
  3. Wartezeit positiv besetzen: Du kannst Wartezeiten, die es unweigerlich für jeden von uns gibt, positiv besetzen und damit umdeuten. Auch so vermeidest du Ungeduld. Bereite dich daher auf diese Situationen vor. Du kannst zum Beispiel immer ein interessantes Buch dabeihaben – dank Apps und E-Books ist das heute gar kein Problem mehr. Statt Wartezeiten für dein persönliches Vergnügen zu nutzen, kannst du aber auch an deinem beruflichen Erfolg arbeiten. Wenn du für deinen Job schon immer eine (weitere) Fremdsprache lernen wolltest, kannst du das zum Beispiel auch in den Wartezeiten tun. Vokabellisten oder Übersichten schwieriger Verben lassen sich auch in kurzen Wartepausen unterbringen und wiederholen.
  4. Lerne Langeweile zu schätzen: Viele von uns werden ungeduldig, wenn sie sich langweilen. Es kann also helfen, auch die Langeweile aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Vor allem deshalb, weil die Langeweile an sich überhaupt nicht negativ ist. Im Gegenteil. Sie wird in unserer schnelllebigen Zeit nur häufig negativ besetzt. Wer sich langweilt ist eben nicht produktiv und verschenkt damit wertvolle Lebenszeit – allerdings nur scheinbar. Denn Studien zeigen, dass unsere Kreativität gerade dann auf Hochtouren läuft, wenn wir uns langweilen. Nur dann haben wir nämlich den Kopf frei, um uns auf andere Dinge zu konzentrieren, die mit unserem Alltag zunächst nichts zu tun haben. Versuche also, die Langeweile zu genießen und begreif sie als Chance für neue Ideen und Ansätze, statt dich darüber zu ärgern, dass du scheinbar Zeit vergeudest.

Bildnachweis: Monkey Business Images / Shutterstock.com


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