Eine Frau arbeitet in einem Labor, was ist ein Tendenzbetrieb?

Tendenzbetrieb: Was ist das eigentlich?

In einem sogenannten Tendenzbetrieb gilt das Betriebsverfassungsgesetz nur eingeschränkt. Dazu müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen gelten. Und zwar, dass bei dem Unternehmen die wirtschaftlichen Interessen nicht im Vordergrund stehen. Was das bedeutet und in wieweit die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats eingeschränkt werden, kannst du hier erfahren.

Definition: Was ist ein Tendenzbetrieb?

In der Regel spricht man von einem Tendenzbetrieb, wenn die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens nicht im Vordergrund stehen. Vielmehr geht es bei dieser Art von Betrieb in erster Linie um

  • politische
  • koalitionspolitische
  • konfessionelle
  • karitative
  • erzieherische
  • wissenschaftliche
  • künstlerische Bestimmungen

oder um

  • Berichterstattung oder Meinungsäußerung (im Sinne des Artikel 5 GG)

Die gesetzlichen Vorgaben für einen Tendenzbetrieb finden sich in Paragraf 118 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG). Man findet die Regelungen für einen Tendenzbetrieb dort, weil die Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes unter bestimmten Voraussetzungen für einen Tendenzbetrieb nicht gelten.

Das ist der Fall, wenn die Eigenart des Unternehmens dem entgegensteht. Heißt: Wenn die Hauptabsicht des Betriebes nicht der wirtschaftliche Erfolg ist, sondern mit dem Unternehmen in erster Linie eins oder mehrere der oben genannten Ziele verfolgt werden, gelten die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes nur eingeschränkt.

Betriebsverfassungsgesetz für bestimmte Teile eingeschränkt

Das heißt aber auch, dass nicht zwingend der gesamte Betreib von den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes ausgenommen ist. Denkbar ist zum Beispiel, dass in einem Unternehmen nur derjenige Teil von den Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes nicht betroffen ist, der eine klare Tendenz erkennen lässt.

Der andere Teil eines Unternehmens, der in erster Linie wirtschaftliches Interesse verfolgt, fällt entsprechend nicht unter den Paragraf 118 Betriebsverfassungsgesetz. Womit für diesen Teil des Betriebs die gleichen Regelungen gelten wie für alle anderen Unternehmen in Deutschland auch.

Tendenzbetrieb: Beispiele für Tendenzunternehmen

Beschäftigt man sich mit der Definition des Begriffs Tendenzbetrieb, liest man häufig, dass politische Parteien, Parteizentralen und Geschäftsstellen ein gutes Beispiel für einen Tendenzbetrieb sind. Denn in politischen Parteien und Parteizentralen geht es in erster Linie um die eigene Politik. Dazu möchte man möglichst viele Menschen überzeugen und zu Wählern machen. Wirtschaftliches Interesse steht dagegen nicht im Vordergrund.

Daneben sind auch folgende Einrichtungen Beispiele für einen Tendenzbetrieb:

  • Rundfunk- und Fernsehanstalten
  • Presseunternehmen
  • Orchester und Theater
  • Gemeinnützige Vereine
  • Wissenschaftliche Forschungsinstitute und Bibliotheken
  • Gewerkschaften
  • Arbeitgeberverbände
  • Privatschulen

Tendenzbetrieb und Betriebsrat: Was gilt?

Tendenzbetriebe haben im Vergleich zu Wirtschaftsbetrieben einige Privilegien. Wie bereits erwähnt, gelten unter bestimmten Voraussetzungen die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes nicht oder nur zum Teil. Der Grund dafür ist darin zu suchen, dass der Gesetzgeber befürchtet, Tendenzbetriebe könnten durch die Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes von ihrem eigentlichen Zweck abgehalten oder darin beeinträchtigt werden.

Daher hat der Gesetzgeber beschlossen, den Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes einzuschränken und es dem Tendenzbetrieb so zu erleichtern, seine eigentlichen Interessen zu verfolgen.

Wenn folgende Bedingungen erfüllt sind, hat der Betriebsrat daher in einem Tendenzbetrieb nur ein eingeschränktes oder gar kein Mitspracherecht:

  1. Die Maßnahme betrifft einen Tendenzträger. Tendenzträger in diesem Sinne können zum Beispiel Erzieher in einem kirchlichen Kindergarten, Lehrer an einer Privatschule oder Redakteure bei einem Verlag sein.
  2. Die Maßnahme ist tendenzbezogen. Mit diesem Begriff ist gemeint, dass die Zielsetzung, die das Unternehmen verfolgt, durch die geplante Maßnahme beeinträchtigt werden könnte.

H3 Die Maßnahmen im Einzelnen

Sind die beiden Voraussetzungen erfüllt, ist der Betriebsrat in seiner Arbeit eingeschränkt. Die Einschränkungen (relativer Tendenzschutz) beziehen sich auf unterschiedliche Bereiche:

  1. Personelle Angelegenheiten: Wenn es um die Einstellung oder Kündigung eines Tendenzträgers geht, sollte der Tendenzbetrieb den Betriebsrat darüber informieren. Ein sogenanntes Zustimmungsverweigerungsrecht, das der Betriebsrat normalerweise bei Einstellungen und Kündigungen hat, hat er bei einem Tendenzbetrieb in der Regel nicht. Der Betriebsrat hat lediglich die Möglichkeit, seine Bedenken mitzuteilen. Der Unternehmer muss sich mit diesen Bedenken auseinandersetzen, Konsequenzen muss er daraus jedoch nicht ziehen. Sollen jedoch Mitarbeiter eingestellt, versetzt oder gekündigt werden, die nicht zu den Tendenzträgern gehören, hat der Betriebsrat seine üblichen Rechte.
  2. Wirtschaftliche Angelegenheiten: In einem Tendenzbetrieb gelten die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes zu wirtschaftlichen Angelegenheiten nur teilweise oder gar nicht. So ist beispielsweise nicht vorgesehen, dass ein Wirtschaftsausschuss gebildet wird. Darüber hinaus hat der Unternehmer nicht die Pflicht, den Betriebsrat regelmäßig (einmal pro Quartal) über die wirtschaftliche Lage des Tendenzbetriebs zu informieren.
  3. Betriebsänderungen: Möchte das Unternehmen aus betriebsbedingten Gründen einigen Mitarbeitern kündigen, kann der Betriebsrat erzwingen, dass zuvor ein Sozialplan erarbeitet wird. Jedoch hat der Betriebsrat nicht die Macht, bei Kündigungen auf einen Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu bestehen. Diese Vorschrift gilt allerdings nur dann, wenn mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer in dem Unternehmen arbeiten.

Mitbestimmung des Betriebsrats im Tendenzbetrieb

In den meisten Fällen kann der Betriebsrat also nicht viel tun, wenn es um Vorschriften geht, die den Kern des Tendenzbetriebs betreffen. Jedoch: Bei Angelegenheiten, die sich um soziale Belange im Betrieb drehen, hat der Betriebsrat in aller Regel ein Mitbestimmungsrecht.

Das kommt daher, dass soziale Angelegenheiten meist nicht den Kern eines Tendenzbetriebs betreffen. Denn Fragen zu den Arbeitszeiten oder dazu, wie man die Schichtpläne gestaltet, berühren die Tendenz des Betriebes, wenn überhaupt, nur peripher. Es geht bei sozialen Angelegenheiten in erster Linie um den Ablauf des Betriebes – und der hat mit der Tendenz wenig zu tun.

Daher muss man sorgfältig unterscheiden, um welche Teile des Betriebs es geht, wenn man entscheiden möchte, ob das Betriebsverfassungsgesetz und die Mitbestimmung des Betriebsrates in einem Tendenzbetrieb eingeschränkt werden. In der Regel kann ein Fachanwalt für Arbeitsrecht in dieser Hinsicht eine verbindliche Auskunft geben.

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